Es ist erstaunlich ruhig im Stall von Sepp Huber – und das, obwohl hier 100 Sauen, 250 Saugferkel und zirka 290 Jagger untergebracht sind. Wahrscheinlich liegt es an der Hitze, mag sich der Besucher denken. Als die BauernZeitung den Betrieb Mitte August besuchte, hatte eine Hitzewelle die Schweiz im Griff. «Die Tiere sind immer so ruhig», sagt Michael Knoch. «Das liegt an Sepps ruhiger Art im Umgang mit den Tieren.» Knoch ist Fütterungsberater bei der Utro Fikovit AG und Leiter Forschung und Entwicklung bei Porco Sano, einer Marke, die seit 2019 Schweine vermarktet, die nie mit Antibiotika behandelt wurden. Sepp Huber ist Produzent der ersten Stunde.

Maximal elf Ferkel pro Sau

«Eigentlich hatte ich nie grosse Probleme im Stall», sagt Sepp Huber. Und trotzdem entschied er 2016, etwas an der Fütterung zu ändern. So kam er mit Michael Knoch in Kontakt. Die Umstellung der Fütterung war das eine. Huber passte aber auch die Haltung an, insbesondere bei den Ferkeln.

Er strebt ausgeglichene Würfe mit maximal elf Ferkeln an. Überzählige Ferkel, jeweils die kleinsten und schwächsten eines Wurfes, kommen drei Tage nach der Geburt in den Ferkelwagen. Ein solcher gelber Wagen steht im geschlossenen Vorraum des Zuchtsauenstalls. Darin liegen sechs Ferkel, fünf oder sechs Tage alt, unter der Wärmelampe.

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Huber baut diese Ferkelwagen selber. Darin hat es einen Liegebereich mit Lampe, einen Kotbereich und einen Chromstahltrog mit Nuggisystem. Mindestens fünfmal täglich vertränkt Huber Ferkelmilch. «Man muss ihnen das Trinken an den Nuggis beibringen und am Anfang helfen. Wenn eines den Dreh raus hat, checken es die anderen auch rasch», berichtet der Bauer.

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Die Idee eines Ferkelwagens hatte Michael Knoch. Für ihn ist es der erste Schritt zur Vorbeugung einer Antibiotikabehandlung. 

«Die kleinen und schwachen Ferkel sind genau die ‹Gefährder›, die meistens Antibiotika benötigen, um zu überleben.»

Michael Knoch, Leiter Forschung und Entwicklung bei Porco Sano

Piglet-Survivor nennt er das System, zu Deutsch: überlebende Ferkel.

Mit 14 Tagen fressen lernen

Abo Schweine In der Abferkelbucht ist jede Minute gut investiert Tuesday, 13. September 2022 Spätestens nach 14 Tagen kommen die Ferkel vom Wagen in «Kammer 1». Sie ist 1,5 m2 gross und bietet Platz für maximal 14 Ferkel. Hier bekommen sie dreimal täglich mit Wasser angemachtes Futter als Brei. Milch wird keine mehr vertränkt. Um den Übergang zum Festfutter zu trainieren, kommt eine Verblendung zum Einsatz. Auch Wasser steht den Ferkeln zur freien Verfügung. Über dieses verabreicht Huber eine Elektrolytlösung. «Damit sie sich nicht überfressen.» Wie lange ein Ferkel in Kammer 1 bleibt, hängt von dessen Entwicklung ab.

Wenn das Fressen und Verdauen problemlos klappt, werden die Ferkel in Kammer 2 gezügelt. Diese ist 6,5 m2 gross und bietet Platz für maximal 25 Ferkel. Hier erhalten sie energiereiches Trockenfutter und über das Tränkewasser Elektrolyten. Nach 28 Tagen kommen die nach der Geburt separierten Ferkel mit den von der Mutter abgesetzten Ferkeln in eine Bucht. «Meistens sind sie den gesäugten dann einen Schritt voraus, weil sie bereits fressen gelernt haben», erklärt Huber. Knoch ergänzt, bei den Ferkeln aus dem Ferkelwagen habe man bis heute keine Verhaltensauffälligkeiten beobachtet.

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Die Ferkel bekommen in der ersten Lebenswoche Eisen verabreicht. Antibiotika musste Huber seit 2016 keine mehr einsetzen. «Natürlich spielt immer auch ein bisschen Glück mit», ist er sich bewusst und betont: «Wenn ich einen Fall hätte, wo ich Antibiotika einsetzen müsste, würde ich das selbstverständlich tun.»

Höhere Futterkosten, aber weniger Abgänge

Mit diesem System hat Sepp Huber praktisch keine Ferkelverluste mehr. «Die Zahl null ist sicher nicht realistisch. Ich habe schätzungsweise alle 14 Tage mal ein totes Ferkel.» Früher waren es zwei bis drei pro Woche. Dass Huber kaum mehr Abgänge hat, hat allerdings seinen Preis, wie er zugibt:

«Diese Art von Haltung ist sehr zeitintensiv. Ich will und kann mir diese Zeit nehmen, weil die Schweine mein einziger Betriebszweig sind.»

Sepp Huber zu seinem Haltunssystem

Knoch merkt an: «Je früher man die Schwachen erkennt und separat zufüttert, umso günstiger wird es für den Bauern.» Huber stellt klar, er spare absolut kein Futter ein. Im Gegenteil, die Futterkosten seien höher als früher. «Aber wenn ich 150 Schweine pro Jahr mehr produziere, verdiene ich auch mehr.» Im Untergeschoss hat der Betrieb zusätzlich 560 Mastplätze inklusive der Jungsauen für die eigene Zucht.

Betriebsspiegel
Ort:  Schweizersholz TG
Betriebszweige:  Zucht- und Mastschweinehaltung
Tierbestand:  100 Zuchtsauen, ca. 250 Saugferkel, 290 Jagerplätze, 560 Mastschweineplätze, Jungsauen, 3 Eber

Zuchtsauen werden dreimal pro Tag gefüttert

Auch bei den Muttersauen hat der Betriebsleiter die Fütterung und die Fütterungszeiten angepasst. Heute füttert Sepp Huber die Sauen dreimal täglich. Es handelt sich um reines Getreidefutter. Damit haben die laktierenden Sauen von Beginn an eine ausreichende Energieversorgung.

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Wenn Huber von seiner Schweinehaltung berichtet, könnte man meinen, alles laufe reibungslos. Der Landwirt relativiert: «Ich habe tatsächlich keine grösseren Probleme im Schweinestall, aber das ist keine Selbstverständlichkeit.» Es sei das Zusammenspiel zwischen gutem Management und Fütterung und einer guten Zusammenarbeit zwischen Betriebsleiter, Berater und Futtermühle.

Eine Schwachstelle macht Huber bei der Lüftung im oberen Stock aus. «Das ist vor allem im Winterhalbjahr wegen den Fenstern, die keine Isolation haben, eine Herausforderung. Da es überall Bodenheizungen hat, haben wir dieses Problem jedoch im Griff.»

Kein separates Label für antibiotikafreie Produktion

Auf die Frage, was ihn an der Schweinehaltung so fasziniere, antwortet der 50-Jährige: «Der Umgang mit den Tieren und die Selbstständigkeit.» Eine Rolle gespielt habe sicher auch, dass er als Kind mit der Schweinehaltung aufgewachsen sei. Ob eines seiner erwachsenen Kinder den Betrieb übernehmen wird, ist ungewiss.

«Bei der momentanen Wirtschaftslage bin ich nicht so überzeugt, meine Kinder zu unterstützen, dass sie hier weitermachen sollen.»

Sepp Huber zur Zukunft seines Betriebs

Schweine Pro & Contra «antibiotikafreies Schweinefleisch» von Porco Sano Wednesday, 26. June 2019 Er leidet, wie seine Berufskollegen auch, unter den tiefen Preisen für Mastschweine. Obschon seine Tiere nie mit Antibiotika behandelt wurden, landen sie als QM-Schweine im konventionellen Kanal, «leider», sagt Huber dazu. Etwa 600 Tiere pro Jahr kann er an Porco Sano verkaufen, einen verschwindend kleinen Teil an regionale Metzger.

Schwierige Zeiten

Der Zukunft sieht Sepp Huber mit gewisser Sorge entgegen. «Die Landwirtschaft befindet sich in einem wegweisenden Jahr», sagt er. Vieles deute darauf hin, dass Tierhaltungsbetriebe durch höhere Auflagen und tiefe Marktpreise dazu gezwungen würden, die Fleischproduktion aufzugeben.

Für extreme Forderungen der Gesellschaft, wie der Massentierhaltungsinitiative, die vor zwei Wochen abgelehnt wurde, wendet er keine Energie auf. Lieber setzt er diese für seine Tiere ein. Denn auch wenn die Zeiten für Schweineproduzenten derzeit alles andere als rosig sind, ist die Schweinehaltung seine grosse Leidenschaft. Die Freude, dass der Betrieb mit der Fütterungsumstellung und dem antibiotikafreien Ferkelmanagement so gut läuft, überwiegt.