Abo Die Alpgebäude von Josef Koller auf der Alp Flis. Laut Grundbuchamt gehören die Gebäude der Alpkorporation. Koller bestreitet dies. Toggenburg Streit um Toggenburger Alpgebäude: «Wir wurden faktisch enteignet» Monday, 31. January 2022 Beim Thema Grundbuch werden beim ein oder anderen möglicherweise Erinnerungen an den Streit um die Eigentumsverhältnisse von Toggenburger Alpgebäuden wach. Der Erlass der neuen Verordnung über die selbstständigen Anteilrechte und das Alpbuch durch die St. Galler Regierung hatten zur Folge, dass im Grundbuch die Alpkorporationen als Eigentümerinnen der Gebäude eingesetzt wurden. Einer, der an vorderster Front dagegen ankämpft, ist Josef Koller aus Alt St. Johann.

Vernehmlassung gestartet

Im Jahre 2015 verfasste die Alpkorporation Flis neue Statuten, die von Alt-Regierungsrat Martin Klöti unterzeichnet und bestätigt wurden. In diesen neuen Statuten steht (Art. 17): «Die im Alleineigentum der Anteilhaber stehenden Alpzimmer, Ställe und übrigen Gebäude sind von den Eigentümern ordentlich zu unterhalten.»

Dieses Eigentum sei durch die Grundbuchämter auf Anordnung des Kantons aus den Grundbüchern gelöscht worden, sagt Koller. Heute steht von den Gebäuden nichts mehr in den amtlichen Grundbuchauszügen. «Somit wurden wir ohne Information enteignet. Die Korporationen wurden auch nie orientiert, dass sie neue Eigentümer sein sollen», schildert Koller, der mit Hockdruck daran arbeitet, für seine Gebäude im Flis wieder das Eigentum einzutragen. Das Hin und Her zwischen Koller und dem Grundbuchamt Alt St. Johann zieht sich mittlerweile über bald drei Jahre hin.

Keine Freude hat Koller deshalb an den Plänen des Kantons St. Gallen, Grundbuchgeschäfte künftig elektronisch abzuwickeln. Dafür sind Anpassungen in der Verordnung über das Grundbuch notwendig. Die St. Galler Regierung eröffnete am 17. März für die vorgesehenen Anpassungen ein öffentliches Vernehmlassungsverfahren.

«Die Möglichkeit zur Einführung des elektronischen Geschäftsverkehrs entspricht einem Bedürfnis, insbesondere der Finanzwirtschaft.»

Alexander Gulde, Leiter Amt für Gemeinden und Bürgerrecht

Datenschutz wird hoch gewichtet

Abo Toggenburg «Verträge haben keine Eigentumswirkung, solange nichts im Grundbuch eingetragen ist» Monday, 31. January 2022 Der Kanton wird lediglich die rechtliche Grundlage schaffen, über die Einführung müsste jede Gemeinde selber entscheiden. Alexander Gulde weist darauf hin, dass das Grundbuch im Kanton St. Gallen seit Jahren elektronisch geführt wird. «Hier geht es um den elektronischen Geschäftsverkehr, mit dem bestimmte Arten von Grundbuchgeschäften elektronisch abgewickelt werden können, z. B. Grundbuchanmeldungen.»

Dabei stehen die Qualität und die Geschwindigkeit im Zentrum, weniger eine Verminderung des Aufwands. Als Hauptvorteil sieht Gulde die höhere Rechtssicherheit und die schnellere Abwicklung der Geschäfte. Gulde versichert: «Die Datensicherheit und der Datenschutz haben einen sehr hohen Stellenwert. Das System des elektronischen Geschäftsverkehrs muss sicher sein.»

Josef Koller befürchtet Verzögerungen

Die Datensicherheit ist aber nicht der Grund für die Skepsis von Josef Koller. An den Plänen des Kantons  kritisiert er: «Obwohl die gesetzliche Grundlage auf Bundesebene fehlt, will die Kantonsregierung nun eine gemischte Eingabe als Übergangslösung einführen.»

Er habe grundsätzlich nichts gegen die Einführung eines elektronischen Systems, wenn damit die Geschwindigkeit und Qualität erhöht würden. Doch jedes System sei nur so zuverlässig, wie die Person, die dahinter sitze. «Diesbezüglich ist die St. Galler Regierung wirklich kein Musterschüler.» Einsprachen, Rekurse, Eingaben usw. würden jahrelang verzögert und herumgeschoben, von einem Amt zum nächsten, von einem Departement zum Stellvertreter. «Ich habe das selbst erlebt», sagt Koller.

«Das kantonale Grundbuch hat rund 1000 Landwirte und Nichtlandwirte sowie viele Ortsgemeinden von 8127 Alprechten und von über 300 Alpgebäuden enteignet.»

Josef Koller zu den Enteignungen im Toggenburg

Zudem seien die selbstständigen Alprechte der einzelnen Eigentümer in ein einziges Alprecht und in 8127 Weidenutzungsrechte ohne Stimm- und Wahlrecht umgewandelt worden. Diese Umwandlung habe ohne Abstimmung der Alpkorporationsmitglieder stattgefunden. Koller braucht klare Worte: «In meinen Augen ist das ein Amtsmissbrauch mit Enteignung durch die Grundbuchämter und die Regierung des Kantons St. Gallen.»

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Entscheid liegt bei den Gemeinden

Abo Analyse zum Streit um die Alpgebäude Toggenburg Die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt Monday, 5. December 2022 Josef Koller befürchtet, dass dies ein weiterer Schritt zur Zentralverwaltung ist und dass die Personen, welche die Geschäfte behandeln, keine Ahnung von den lokalen Gegebenheiten hätten. Auf diese Aussage angesprochen, sagt Alexander Gulde: «Die kommunale Zuständigkeit für die Grundbuchführung wird vom elektronischen Geschäftsverkehr nicht tangiert. Jede Gemeinde entscheidet selbst, ob sie den elektronischen Geschäftsverkehr einführen will.» Die Vorlage sei in Zusammenarbeit mit Vertretungen der Gemeinden erarbeitet worden.

Auf die Frage, was mit den alten physischen Dokumenten, den Kauf- und Verkaufsbriefen passiere, antwortet Gulde: «Physische Grundbuchdokumente werden gemäss den Vorschriften aufbewahrt. Die wichtigsten Dokumente dauernd, also auf unbestimmte Zeit.» Er betont abermals, dass die Grundbuchführung schon seit Jahren elektronisch erfolgt. So würden auch die meisten Alpbücher mit den darin vermerkten Alprechten schon seit Jahren elektronisch geführt.