Bereits ist ein Kuhkopf zu erkennen. Der Blick gutmütig, die Hörner geschwungen, ein Prachtexemplar der Gattung Rindvieh entsteht. Nun geht es um das Ausarbeiten der Finessen. Den Pinsel erst in blaue, dann in weisse Farbe getüncht, folgen senkrecht dem Hals entlang zwei gezielte Striche. Mit flacher Hand werden diese von der Künstlerin verwischt, die weichen Konturen der Halsfalten nehmen Form an.
Blau wie der Schleppschuh
Susanne von Aarburg ist am Werk. Sie sitzt mitten in der Remise auf einer Bockleiter. Vor sich das Heiligtum ihres Mannes, wie sie schmunzelnd versichert. Das Jauchefass mit Jahrgang 1988 bekommt ein neues Erscheinungsbild. Die blaue Farbe der Kühe lehnt an das Blau der angebauten Schleppschuhverteilung an. Ganz so, wie es von Aarburgs Mann wünscht.
«In letzter Zeit widme ich mich wieder vermehrt der Malerei», so die Künstlerin, die schweizweit als Kunsthandwerkerin mit ihren Milchkannen bekannt wurde. Sie habe schon als Kind gerne gemalt, erinnert sie sich. Erst kürzlich seien Bilder, die während ihrer Schulzeit entstanden sind, aufgetaucht. «Ich staunte selber, was ich damals geleistet habe», sagt von Aarburg.
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Malen auf Gegenständen
Seither sind viele Jahre vergangen. Eine Zeit lang widmete sie sich in ihrer Freizeit der abstrakten Malerei, bis dann die Milchkannen sämtliche Ressourcen in Beschlag nahmen. Kurse, an denen Susan von Aarburg ihr Wissen weitergab, und zahlreiche Aufträge verunmöglichten ihr, sich Zeit und Musse zum Malen zu nehmen.
Je länger je mehr aber dürstete es sie nach Inspiration und künstlerischem Schaffen. «Malen ist meine grosse Leidenschaft», erklärt sie, von ihrer Arbeit aufschauend. Sie betont, dass sie den Unterschied von Kunsthandwerk und Kunst sehr gut spüre.
«Beim Kunsthandwerk ist Geschick und Fleiss gefragt. Um Kunst zu schaffen, muss man Zeit haben.»
Susan von Aarburg zu ihrem Schaffen
Man müsse ins Werk eintauchen. Der Augenblick müsse stimmen. Nichts desto trotz ist Kunst auch Arbeit. Das Wissen dazu eignet sich Susan von Aarburg in wöchentlichem Malunterricht an. Darüber hinaus besucht sie Malkurse im Ausland.
Tiersujets haben es ihr angetan
Jetzt, wo sie nach fünfjähriger Auszeit vom Malen erneut zum Pinsel greift, widmet sich Susan von Aarburg dem Gegenständlichen Malen. Vor allem Kühe, aber auch Gämsen, Steinböcke und Ziegen haben es ihr angetan. Je nach Gutdünken der Künstlerin werden sie in Naturfarben oder in wildem Rot, leuchtendem Grün, schillerndem Orange und vielem mehr wiedergegeben. Beschäftigt sich die gebürtige Glarnerin nicht mit dem Bemalen des Jauchefasses, widmet sie sich derzeit einer Glarner Serie. Bei dieser zieht sich das Glarner-Tüechli als roter Faden durch ihre Werke.
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Die Idee, das Jauchefass zu bemalen, stammt von ihrem Mann, Thomas von Aarburg. Sie sei sofort begeistert gewesen, erzählt sie und konkretisiert: «So kann ich zeigen, dass Kunst sich nicht auf Leinwand beschränkt.» Ein Kunstwerk lasse sich eigentlich auf jedem Gegenstand verwirklichen, hält sie fest. Weiter sollen sich die Leute am Erscheinungsbild dieses Fasses erfreuen. Immer dann, wenn ihr Thomas im Lohnauftrag für die Landwirte die Jauche ausbringt. Bis es aber soweit ist, taucht Susan von Aarburg noch zahlreiche Male den Pinsel in blaue und weisse Farbe, wischt anschliessend mit der flachen Hand über die Striche, damit so natürlich wie nur möglich ein bunter Kuhkopf entsteht.
Zur Künstlerin
Susan von Aarburg-Kern wurde 1975 in den Glarner Bergen geboren und ist dort stark verwurzelt. Der Liebe folgte sie nach Kaltbrunn und treibt dort ihre Leidenschaft zur Kunst voran. Alten Milchkannen, Schellen und Sägen haucht sie mit traditionellen Motiv-Schnitten neues Leben ein. Mit ihrer Handwerkskunst verbindet sie Schweizer Tradition mit Moderne und reist für diese Leidenschaft auch gern mal nach New York. www.art-vonaarburg.ch
