Die Silomaisernte steht vor der Tür. Dort, wo der Mais bereits im April gesät wurde, ist teilweise der Häcksler schon über die Felder gefahren. Doch Jürg Hiltbrunner von der Agroscope weist darauf hin: «Die Temperatursummen sind einiges tiefer im Vergleich zu früheren Jahren und am Standort Reckenholz im Kanton Zürich ist der Mais rund drei Wochen später dran als 2020. Wenn zudem witterungsbedingt noch später als in anderen Jahren gesät wurde, dann dürften die TS-Gehalte jetzt vielerorts noch zu knapp ausfallen.» Dies bestätigt auch Lohnunternehmer Bernhard Kappeler in Niedermuhlern BE: «In unserer Region sind wir ebenfalls etwa drei Wochen später dran mit der Ernte.» Der Erntezeitpunkt sollte deshalb nicht nach dem Kalender festgelegt werden, wie es Kappeler noch häufig beobachtet. Die beste Methode den optimalen Erntezeitpunkt zu ermitteln, ist immer noch der Gang ins Feld.
Gemäss einem Schreibender KWS lag der TS-Gehalt der Ganzpflanze Anfang September durchschnittlich unter 25 % und damit rund 7 % unter der für die Ernte benötigten Reife (32 bis 35 %). Vergangenes Jahr lag dieser zum gleichen Zeitpunkt 6 % höher.
Erntezeitpunkt korrekt ermitteln
Um die Reife von Mais zu bestimmen, gibt es zwei Möglichkeiten:
Berechnung der Wärmesumme: Den Temperatur-Tagesmittelwerten werden ab dem Saattermin je 6°C (Mindesttemperatur für Maiswachstum) abgezogen und bis zum heutigen Tag addiert. Die Wärmesumme sei aber nicht für alle Reifegruppen gleich, sagt Jürg Hiltbrunner. «Der optimale TS-Gehalt von 32 % ist bei frühreifen Silomaissorten mit einer Temperatursumme von 1430°C erreicht. Bei mittelfrühen Sorten liegt dieser bei 1500°C und bei mittelspäten Sorten bei 1570°C.» Auf der Website von Agroscope kann die Temperatursumme auch unter der Rubrik «Silomaisreife online berechnen» mit Angabe von Standort und Saatzeitpunkt ermittelt werden.
Wasser- und Trockenstress sowie mangelnde Nährstoffverfügbarkeit können die Reife ebenfalls verzögern, weshalb allein das Berechnen der Wärmesumme nicht ausreicht. «So hat sich in der Westschweiz beispielsweise gezeigt, dass sich die Wurzeln aufgrund der anhaltenden Niederschläge in den letzten Monaten nicht tief ausgebildet haben», berichtet Hiltbrunner. Aufgrund des wenigen Regens in letzter Zeit ist der obere Horizont des Bodens nun schnell ausgetrocknet – u. a. auch weil durch die Pflanzen viel Wasser verdunstet wurde. Die Pflanzen zeigten Trockenstress und sind vertrocknet, was die Ermittlung des Erntezeitpunktes auf den ersten Blick erschwert. «Es ist deshalb immer gut, nochmals vor der Ernte durchs Feld zu gehen, um die TS-Gehalte besser abschätzen zu können», empfiehlt der Wissenschaftler.
Beurteilung im Feld: So etwa sollte die Kornreife mit dem Fingernagel getestet werden. Ist das Korn noch ritzbar und innen teigig bis mehlig, liegt der TS-Gehalt der Ganzpflanze zwischen 30 und 35 %, der des Kolbenszwischen 50 und 60 %. Auch das Auswringen des Stängels kann Aufschluss über den optimalen Erntezeitpunkt geben – dieser sollte beim Auswringen schäumen und nicht tropfen, um Sickersaft im Silo zu verhindern. Gemäss Bernhard Kappeler wird dieses Jahr aber ein Kompromiss nötig sein. «Wegen des kalten Wetters entwickeln sich die Kolben im Verhältnis zur Ganzpflanze später. Man kann nicht so lange mit der Ernte warten, bis der Kolben ausgereift ist, weil sonst der Stängel zu holzig wird», erklärt der Lohnunternehmer. Dennoch, bleibt das Wetter weiterhin stabil, sollte so lang wie möglich mit der Ernte zugewartet werden.
Wie fällt die Ernte aus?
Die Spannweite ist in diesem Jahr extrem gross. «Es gibt teilweise traumhaft schöne Felder, die von Unwetter verschontblieben. Wo das Wasser stand,zeigen sich die Pflanzen klein, beschädigter Mais bietet Eintrittspforten für Pilzkrankheiten», berichtet Jürg Hiltbrunner. So wurde Beulenbrand in einigen Regionen beobachtet (wir berichteten). Mit anhaltender Feuchtigkeit in den Herbst hinein dürften Helminthosporium-Blattflecken und Fusarien in diesem Jahr ein Thema werden. «Bleibt der Mais länger stehen – wie es in diesem Jahr der Fall ist –, erhöht sich das Risiko für einen Befall. Feuchte Bedingungen begünstigen zudem die Entwicklung der Pilze», erklärt Agroscope-Wissenschaftlerin Stéphanie Schürch. Der Erntetermin müsste vorgezogen werden, denn mit einem Fusarienbefall ist auch das Risiko für Mykotoxine erhöht. «Bei Silomais kann der Einsatz von Siliermitteln, je nach Zustand im Feld, angebracht sein, um die Problematik zu entschärfen, sprich Fehlgärungen vorzubeugen und die Qualität sicherzustellen», sagt Jürg Hiltbrunner.
Die Folgen der Witterung werden sich im Ertrag und in der Qualität widerspiegeln. Bernhard Kappeler rechnet in seiner Region mit etwa einem Drittel weniger Ertrag.
