Der Rübenkäfer ist im ganzen Anbaugebiet präsent. Dabei sei der Befall laut der Schweizer Zucker AG (SZU) in der Westschweiz schwächer als im Vorjahr. In der Region Aaretal und in Teilen des Kantons Freiburg ist der Befall stärker, kann aber im Vergleich zum letzten Jahr als durchschnittlich bezeichnet werden. Die Schweizerische Fachstelle für Zuckerrübenbau (SFZ) schreibt in einer Mitteilung an die Pflanzer von «keinem schönen Bild». Dennoch dürfte laut der Fachstelle der Schaden 2024 geringer sein als im Vorjahr. Das üppige Laub führe nämlich dazu, dass der Zyklus der Larven in den meisten Fällen bereits im Stängel abgeschlossen ist und die neuen Adulten die Rübe verlassen, so die SFZ.

Der Rüsselkäfer

Ab Mitte August kommen die ersten Larven des Rüsselkäfers (Lixus juncii) aus dem Verpuppungsstadium und die neue Generation Käfer ist somit bereits geschlüpft. Nach Kenntnissen der SFZ wird die neue Generation der Käfer ihr Winterquartier (im Boden, Hecken, Grasrändern usw.) beziehen. Schaden richten sie somit in diesem Jahr keinen mehr an, vermutet Samuel Jenni von der SFZ.

Der Rüsselkäfer ist ein Schädling aus südlichen Anbaugebieten wie Frankreich, Italien, Griechenland, und Spanien. Infolge des Klimawandels und des globalisierten Warenverkehrs über LKW-Ladungen oder Strohtransporte ist er auch in der Schweiz «heimisch» geworden. Wahrscheinlich wird sein Aufkommen durch die fehlenden kalten Winter gefördert, so die Prognose der SFZ. 

Die Fabrik berücksichtige die Situation

Die SZU hat das Problem des Rübenkäfers erkannt und nimmt es ernst, so Mediensprecher Raphael Wild. Die Fabrik berücksichtige die Situation in der Logistik. Sie empfiehlt, betroffene Parzellen gut zu beobachten und ein starkes Vorkommen von Rübenfäule zu melden. Wild weist aber auch darauf hin: «Solange der Rüssler nur im Blattwerk ist, und noch nicht in die Köpfe vorgedrungen ist, besteht noch kein Grund zur Panik». Frassschäden des Rüsslers seien erst die Eingangspforte für die Fäulnisbildung und noch keine direkte Gefahr. Solange die Temperaturen nicht über 35 Grad steigen, ist das Risiko von Fäulnis gering.

0 von 40 Parzellen von Fäulnis betroffen

Samuel Jenni von der SFZ betont: «Bei der zweiten Proberodung wurde in keiner der 40 beprobten Parzellen Fäulnis infolge des Rüsselkäferbefalls festgestellt (30 Prozent der Parzellen laufen unter IP-Suisse, also ohne jegliche Insektizidbehandlungen). Somit gehen wir davon aus, dass dieses Jahr – zumindest bis zu Beginn der Ernte – keine Fäulnis (im Kopfbereich) auftreten wird.»

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Grossversuch mit Insektizid bewilligt

Die Produzenten können jetzt nicht mehr viel machen – und die Branche? Nach dem massiven Befall 2023 wurde die SFZ beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) vorstellig. Der Antrag auf eine Notfallzulassung wurde abgelehnt, es folgte aber die Bewilligung für Grossversuche mit dem Insektizid Gazelle SG. Daraufhin konnten sich die Landwirte bei der SFZ melden. So konnte eine Versuchsbewilligung für den Einsatz von zwei Acetamipridspritzungen erteilt werden. Die beiden Behandlungen wurden ungefähr Anfang Juni und Mitte Juni terminiert, teilweise überschnitten sich die erste Behandlung mit der letzten Behandlung gegen die grüne Blattlaus, erklärt Samuel Jenni auf Anfrage.

Die Resultate stehen noch aus, werden aber im Laufe des Herbstes verfügbar sein, so Raphael Wild von der Zuckerfabrik. 

Die Zuckergehalte sind weiterhin tief


In den Zuckerrüben wurden vergangene Woche weitere Ertragserhebungen vollzogen. In der Westschweiz konnte der gute Trend der ersten Ertragserhebung beigehalten werden. Die Ostschweizer Anbauregionen waren zwar in der Lage, etwas zu kompensieren, befinden sich jedoch weiterhin unter ihrem Fünf-Jahres-Schnitt.

Die Ostschweiz holt auf
[IMG 3]Vor einem Monat lag der Ostschweizer Rübenertrag noch gut 15 t/ha unter dem Mittel der letzten fünf Jahre. Die Wetterlage zwischen Juli und August erlaubte jedoch einen beachtlichen Rübenertragszuwachs von mehr als einer Tonne pro Hektare und Tag, weshalb dieses Manko etwas kompensiert werden konnte. Mit 63,3 t/ha liegt der Rübenertrag im Osten jedoch noch immer knapp ­­10 ­­t/ha unter dem Fünf-Jahres-Durchschnitt von 72,9 t/ha.

Im Westen übertrumpft
Die Westschweizer Anbauregionen konnten einen vergleichbar hohen Ertragszuwachs verzeichnen. Mit 70,5 t/ha wurde das westliche Mittel der letzten fünf Jahren um gut 4 t/ha übertrumpft. Die bereinigten Zuckererträge liegen im Westen mit 9871  kg/ha etwa im Schnitt, im Osten jedoch mit 9270 kg/ha weit unter dem Schnitt. Die Witterungsbedingungen der nächsten Tage sehen weiterhin passend aus. Zudem sind im Feld weiterhin grosse und weitestgehend gesunde Blattmassen vorzufinden, weshalb davon auszugehen ist, dass die Rüben weiterhin einen hohen Zuwachs haben werden.  Die Zuckergehalte der beiden Anbauregionen konnten sich im Vergleich zur letzten Erhebung zwar steigern, sind jedoch mit 14 % im Westen und 14,6 % im Osten weiterhin auf einem tiefen Niveau.

Diese Ergebnisse müssen jedoch nicht zwingend bedeuten, dass bei der Ernte mit ebenfalls tiefen Zuckergehalten gerechnet werden muss. Der Zuckergehalt reagiert volatil auf Umweltbedingungen.

Höhepunkt kommt noch
Des Weiteren liegt die Hauptphase der Zuckerakkumulation in den Rüben noch vor uns. In der Regel wird der Höhepunkt der Zuckerkonzentration zwischen Ende September und Anfang Oktober erreicht. Es bleibt also abzuwarten, wie sich die nächsten Wochen gestalten werden. Matthias Lüscher, SFZ

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Da ist definitiv der Käfer drin

Kommentar von Sera Hostettler
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Nachdem sich die Zuckerfabrik und die Fachstelle zunächst nur vorsichtig zum Rüsselkäfer in den Zuckerrüben geäussert haben, ist nun von einer «explosionsartigen Ausbreitung über die ganze Schweiz» die Rede. Kein Wunder, laufen bei der Schweizer Zucker AG (SZU) die Drähte heiss. Die Produzenten und Produzentinnen sind verständlicherweise besorgt. Allerdings betont die SZU, dass es keinen Grund zur Panik gebe, solange der Käfer nur im Blattwerk verweilt und nicht in die Rübenköpfe vordringt.

Die Branche gibt also Entwarnung: Das Schadbild führe oft zu unbegründeter Panik und die Pflanzer müssten zwischen Fakten und Fiktion unterscheiden. Das mag zwar angesichts der ernsten Lage und der Sorgen der Bauern leicht gesagt sein, aber am Ende der Kampagne wird das Ergebnis – egal ob gut oder schlecht – ohnehin anderswo beurteilt.

Auch wenn die Verluste und die Ertragseinbussen letztes Jahr trotz eines «massiven Befalls» letztlich marginal ausfielen, ist die Sorge der Produzenten angesichts der dicken «Galerien» in den Rübenköpfen nicht ganz unbegründet. Die Einschätzung der Experten macht aber etwas Hoffnung – es könnte besser kommen, als es aktuell den Anschein hat. Immerhin herrscht jetzt Klarheit: Der Käfer ist definitiv drin. Nun gilt es, die Situation weiterhin genau zu beobachten. s.hostettler@bauernzeitung.ch