Abo Manuela Ritz kümmert sich auf dem Hof unter anderem um die 55 Mutterkühe mit ihren Kälbern. Zudem ist sie eine leidenschaftliche Weinbäuerin. Frauen in der Landwirtschaft Dank der Ausbildung zur Agrotechnikerin gut gerüstet für die Betriebsleitung Tuesday, 30. May 2023 Rahel Schätti schüttelt fast ungläubig den Kopf. Nur noch wenige Tage, dann ist ihre dreijährige Lehre zur Landwirtin EFZ zu Ende: «Die Zeit vergeht so schnell, gerade erst stand ich noch vor der Berufswahl», sagt sie. Bevor sie sich für den Beruf entschied, hatte die 19-jährige Bauerntochter als Tierarztgehilfin und Kleinkindererzieherin geschnuppert. Da sie zu Hause dem Vater immer gern auf dem Hof half, schaute sie sich auch auf einem Landwirtschaftsbetrieb um. Rasch war ihr klar: «Ich will Landwirtin lernen!»

Auf dem elterlichen Betrieb musste sie nie mithelfen, aber sie durfte. Heute ist es für sie selbstverständlich, dass sie ausserhalb der Schulzeit mitarbeitet. Die zusätzliche Unterstützung ist auf dem Müslihof in Tuggen SZ willkommen. Der Milchwirtschaftsbetrieb umfasst 32 Hektaren mit Schwerpunkt Futterbau. Zum Viehbestand gehören 60 Brown Swiss und fünf Equiden für die eigene Reitschule. Seit 2019 werden zudem Wagyu gezüchtet. Rahel Schätti hat ihre Vertiefungsarbeit zur Haltung und Vermarktung der schwarzen Exoten verfasst: «Es war spannend, einen eigenen Betriebszweig mit der Theorie zu vergleichen.»

Z 'Alp zur Ruhe kommen

Die Familie ist zudem Besitzer der 100 Hektaren grossen Alp Bärlaui im Wägital SZ. Der Sömmerungsbetrieb ist nicht mit einer Strasse erschlossen, der Aufstieg fordert Vieh und Mensch. Die Alpsaison ist zudem geprägt von anspruchsvoller Handarbeit. «Das Alpen ist für mich mit viel Herzblut verbunden», erklärt Rahel Schätti. Sie schätzt die Ruhe auf der Alp Bärlaui und dass man sich vollkommen auf seine Arbeit fokussieren kann.

«Z Alp konzentriert man sich auf das Wesentliche und hat nicht noch 100 andere Dinge im Kopf.» Es liegt daher auf der Hand, dass die junge Frau nach ihrem Lehrabschluss den einen oder anderen Sommer z Alp verbringen will. Doch noch nicht auf der eigenen, da schüttelt sie den Kopf: «Ich will auf andere Alpen, um Neues zu lernen.»

Guter Familienanschluss

Abo Interview Petra Sieghart: «Als Landwirtin kann man sehr früh viel Verantwortung übernehmen» Monday, 3. July 2023 Neues zu lernen, war Rahel auch ein grosses Kriterium bei der Auswahl ihrer Lehrbetriebe, und dass es zwischenmenschlich gut funktioniert. Auf allen drei Betrieben verbrachte sie auch ihre Freizeit aktiv mit den Betriebsleiterfamilien. Ihr dritter Lehrmeister fährt Motocross, zusammen mit der ganzen Familie durfte sie jeweils an den Rennen als Zuschauerin teilnehmen. «Das gibt einen ganz anderen Bezug», erklärt sie.

Im ersten Lehrjahr lernte Rahel die Pouletmast kennen. Die leidenschaftliche Reiterin arbeitete oft alleine in einem Bereich, sie schätzte das Vertrauen ihres Lehrmeisters und betont, wenn sie Hilfe brauchte, war er immer zur Stelle. Strenger wurde es auf dem zweiten Betrieb, arbeitstechnisch und auch bezüglich Arbeitszeit. Anpassungsbedürftig war, dass der Lehrmeister sehr oft mit Rahel zusammenarbeitete. «Ich musste mich zuerst daran gewöhnen, dass er immer dabei ist und alles sieht, was ich mache», schmunzelt sie.

Wissen über Maschinen

Gleichzeitig konnte sie viel profitieren: «Ich wurde gut auf die Teilprüfungen vorbereitet und vor allem im Umgang und Verständnis mit Maschinen habe ich viel mitgenommen.» Gelernt hat Rahel auch, dass sie sich wehren muss, wenn ihr etwas nicht passt. Auch ihre Eltern haben dies immer wieder betont. «Keiner fragt dich, wie es dir geht. Ich musste lernen, dass ich klar und deutlich kommunizieren muss, wenn es für mich nicht stimmt.»

Doch die Entscheidung, Landwirtin zu lernen, hat Rahel bis heute nie bereut. In ihrer Klasse sind vier weitere Frauen. Somit ist fast ein Viertel der 22-köpfigen Klasse weiblich. Momentan ist die Klasse gemischt mit den Zweitausbildnern, erzählt Rahel Schätti. «Von den Älteren kann ich doppelt profitieren, sie sind erfahrener im Berufsleben.»

Erst mal durchatmen

Der dritte Lehrbetrieb im St. Galler Rheintal war wieder anders. Der ackerbaubetonte Schweinezuchtbetrieb baut Erdbeeren an. «Alles war flach, kein Hügel, einfach nichts! Da kannst du ganz anders wirtschaften als bei uns.»

Zum Team gehörte auch eine zweite Lehrtochter. Anfänglich mischte sich Konkurrenzdenken in die Beziehung. Doch die beiden Frauen fanden sich schnell und profitierten voneinander. Im Umgang mit ihren Mitmenschen konnte sie viel von ihrer Mutter profitieren. Sie war es auch, die Rahel beibrachte, vor einer Entscheidung innezuhalten und tief durchzuatmen.

Neue Sichtweise

Während der Lehre hat sich auch die Sichtweise von Rahel auf den Berufsstand verändert: «Ich habe höchste Achtung vor meinen Grosseltern, Eltern und allen, die einen Betrieb führen, weil ich heute besser weiss, was sie während ihres ganzen Lebens leisten.»

Ein grosses Vorbild für die junge Frau ist ihr Vater. Sie beschreibt ihn als hilfsbereiten, ehrlichen Menschen, der durchzieht, was er im Kopf hat, und sie weiss: «Er ist da, wenn ich ihn brauche.» Von ihm hat Rahel auch gelernt, dass man stolz auf den eigenen Berufsstand sein kann, ohne dass jeder gleich sieht, dass man Bauer ist. Energisch betont sie: «Man kann doch auch Landwirtin und gleichzeitig gepflegt sein. Ich verstehe nicht, weshalb junge Leute sich komplett gehen lassen, nur weil sie die landwirtschaftliche Lehre absolvieren!»

Schneller und effizienter

An der Landwirtschaft schätzt Rahel die grosse Vielseitigkeit von den Maschinenarbeiten auf dem Acker über die Tierhaltung bis zur schweren körperlichen Tätigkeit auf der Alp. Schon vor der Lehre liebte sie es, am Abend zu sehen, was sie während des ganzen Tages geleistet hat.

Heute weiss sie auch, weshalb sie die Tätigkeiten ausgeführt hat und wie sie durch ihr Handeln die Bewirtschaftung beeinflussen kann. «Das richtige Futter wächst nicht einfach nur so, da gehört mehr dazu.» Doch sie fragt sich auch, wie die zukünftige Landwirtschaft aussehen wird: «Von uns wird verlangt, dass wir immer schneller und effizienter auf noch kleineren Flächen produzieren. Wie soll das weitergehen?»

Für die Zeit nach der Abschlussprüfung hat Rahel bereits Pläne. Sie will sich auf dem Betrieb ihres Vaters anstellen lassen und im nächsten Sommer endlich richtig z Alp. In ihrem Herz schlägt auch der Wunsch nach einem eigenen Betrieb. «Doch es muss nicht zwingend der Müslihof sein, vielleicht verschlägt es mich auch anderswo hin.»