Ackerbauern brauchen diesen Frühling sehr viele Nerven und Geduld. Dies bestätigt auch Markus Lüscher, Kartoffelbauer aus Schalunen BE. Es gab wohl kaum ein paar Tage hintereinander, die nicht von Nässe und Kälte geprägt waren. Die frühen Sorten hat Lüscher deshalb noch nicht setzen können. 

Wie ihm ergeht es vielen Kartoffelbauern momentan in der Schweiz. Manche Landwirte riskieren es aber dennoch: «In unserer Region wurden teilweise unter guten, aber auch teilweise unter mässigen Bedingungen die Frühkartoffeln gesetzt. Auch die Saatkartoffeln wurden gepflanzt, obwohl der Boden sehr kalt und nass ist.» Warum? 

Setzen oder nicht Setzen?

Die Saatkartoffeln mussten fast schon zwangsweise in den Boden, denn werden sie später ­gepflanzt, rückt der Zeitpunkt näher, an dem die Wachstumsphase mit der Krautvernichtung beendet sein muss. Diese wird von den Kontroll­organen bestimmt – je nach Blattlausentwicklung, um eine Infektion durch den Schädling zu verhindern. «Durch diese kurze Vegetationsdauer gibt es dann allerdings nur kleine Kartoffeln», weiss Markus Lüscher. 

Des Weiteren können nur wenige Höfe ihr Pflanzgut, seien es Speise- oder Saatkartoffeln, selbst temperieren und lagern. Die meisten lassen es sich liefern. «Mir wollte man bereits vor drei Wochen das Saatgut liefern. Diesen Fehler habe ich als junger Bauer einmal gemacht und nie wieder.» Denn wenn es einmal geliefert wurde, dann dauert es nicht lange, bis die Kartoffeln in den Remisen bei 10–20 °C anfangen zu keimen. Müssten sie wegen schwieriger Bodenbedingungen weiter gelagert werden, werde es nötig sein, ein- bis zweimal die Keime abzukeisten, sagt Lüscher. Der Nachteil: Die Kartoffeln verlieren dann ihre Triebkraft und man hat nur noch minderwertiges Saatgut. 

Lieferung erst nach Pflanzplanung

Dem Pflanzgut, das bereits im Boden ist, wird nicht viel passieren, beruhigt der erfahrene Kartoffelbauer. «Solange die Krume noch stimmt und die Furche den Gasaustausch zulässt, werden die Kartoffeln schon starten, sobald es wärmer wird.» Aber auch hier ist nichts sicher: Lässt die Wärme auf sich warten, steigt – je länger die Kartoffeln im Boden sind und keine Reaktion zeigen – das Risiko einer Rhizoctonia-Infektion an.  Lüscher empfiehlt deshalb, das Pflanzgut erst anliefern zu lassen, wenn man eine Pflanzplanung machen kann. 

Noch alles im Rahmen

Zu spät dran sei man noch nicht, sagt Markus Lüscher. «Aktuell ist die Situation noch nicht als dramatisch einzuschätzen. Wir sind noch immer im Durchschnitt der Vegetationskurve. In den letzten drei Jahren waren wir einfach zu früh dran.» Solange das Pflanzgut nicht aktiviert worden ist, können Kartoffelbauern ihre Kartoffeln noch bis in den Mai ohne Probleme setzen. Markus Lüscher wird diese Woche den Dünger für die Kartoffeln ausbringen. In einer nächsten, hoffentlich wärmeren Phase plant er, mit dem Pflanzen zu beginnen.

Keine grossen Auswirkungen auf den Gemüsebau
Wer sein Kartoffelsaatgut zu Hause lagert, muss nicht nervös werden, wenn die Keime etwas länger werden. Auch aus diesen Knollen kann eine gute Ernte hervorgehen. Erfahrene Kartoffelbauern wissen, es gibt sehr viele Faktoren, welche die Stückzahl, die Grösse der Knolle und das Staudenwachstum beeinflussen. Auch bei den verschiedenen Sorten sind die Unterschiede gross. Das Wetter lässt sich nicht beeinflussen und ist der Boden dann warm, sind ein paar kühle Tage bei der Entwicklung der Kulturen bald aufgeholt.

Der Spargel kommt
Ebenfalls bei den Gemüse­produzenten sieht man keinen Grund zur Panik: «Das aktuell eher nasse und kühle Wetter hat insgesamt keine grossen Auswirkungen auf den Schweizer Gemüsemarkt», schreibt der stellvertretende Direktor des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten, Markus Waber. Es werde fleissig gesät und gepflanzt, auch wenn einzelne Kulturen es gerne wärmer hätten: «Die Spargeln, die sehr stark auf die Wärme reagieren, wachsen aktuell eher etwas zögerlich. Wir gehen davon aus, dass ab Ende nächster Woche schöne Mengen vorhanden sein werden», so Waber. Und der Grossteil kommt aus dem Ausland. Über die letzten sechs Jahre wurden jährlich zwischen 300 bis 380 t grüne und 400 bis 500 t Bleichspargeln geerntet. Das entspricht einer Inland­produktion von 6 bis 7 Prozent.

Tomaten verspäten sich
Bei den Tomaten habe es im Moment noch weniger Ware als im Vorjahr. Dies aufgrund des Wetters und weil die Produktion wegen der Heizkosten später gepflanzt habe. Gemüse bleibe jedoch ein Naturprodukt, schreibt Markus Waber auf die Frage, ob inländisches Gemüse im Sortiment fehle: «Schweizer Gemüse hat immer irgendwie Saison. Es ist normal, dass durchs ganze Jahr immer wieder Gemüse fehlt.» Bei den Importen sei die Lage normal und die Marktver-sorgung sei gut.