Endlich Freitagmittag! Cyrill und ich holen Ronya beim Kindergarten ab und fahren sogleich zu unserer Lieblingsbäckerei. Übermütig stürmen die Kinder den Laden und informieren die Verkäuferin lautstark, dass wir heute z Alp gehen.
Zum Mittag verschlingen wir schnell unsere Sandwiches vor der Bäckerei, dann geht es endlich los. Schon bald wird es ruhig im Auto, die Kinder sind eingenickt.
Schlechtes Gewissen piesackt
Es war eine strenge Woche für uns alle. Ich habe wieder mit Arbeiten begonnen. Am Montag unterrichtete ich am LBBZ Schluechthof, an zwei Halbtagen war ich für künftige Zeitungsartikel unterwegs. Dazu kommen Sitzungen und Unterrichtsvorbereitung. Mein schlechtes Gewissen plagt mich, als ich daran denke, wie oft ich die Kinder diese Woche verstellen musste. Normalerweise teilen Reto und ich uns die Kinderbetreuung eins zu eins auf, doch das ist momentan schlicht nicht möglich. Unsere Kinderhüäti sind in vollem Einsatz.
Ein neuer Ventilator
Wie auf Knopfdruck öffnen die Kinder ihre Augen, als die Gebäude von Valpun in Sichtweite kommen. Gross ist die Freude über das Wiedersehen und innig die Umarmungen. Sogleich ziehen die Kinder ihre Käsereistiefel an und verschwinden in der Sennerei, ihrem absoluten Lieblingsort auf der Alp.
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Ronya inspiziert den Käsekeller: «Mami, es het en neue Venti geh», informiert sie mich. Mit 16 Grad Celsius ist es momentan eher warm im Keller, ideal wäre eine Kellertemperatur zwischen 12 und 14 Grad. Mit kaltem Wasser und dem Ventilator versucht Reto, die Temperatur zu verringern. Weiter erklärt mir unsere kleine Sennerin, dass es neue Kümmelmutschli gegeben hat.
Weniger oft käsen
3.45 Uhr, der Wecker klingelt. Einer nach dem anderen erwacht in der Hütte und quält sich aus dem Bett. Die Alpsaison dauert bereits über zwölf Wochen, langsam fällt das frühe Aufstehen schwer. Doch nicht nur uns, auch den Kühen merkt man an, dass der Sommer langsam dem Ende zugeht. Sie laufen nicht mehr so schnell. Manchmal habe ich fast das Gefühl, wir müssen sie aus dem Stall tragen.
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Auch die Milch ist stark zurückgegangen. Knapp 500 Liter pro Tag von 70 Kühen, gestartet hatten wir mit 107 Laktierenden und über 1200 Liter Milch. Reto beschliesst, dass wir ab morgen die Milch überstellen werden. Das bedeutet, dass ab jetzt bis Ende Sommer nur noch jeden zweiten Tag gekäst wird. Die Milch von Samstagabend und Sonntag lagern wir in einer Kühlwanne bei unter 6 Grad. Am Montagmorgen wird Reto diese Milch mit der frischen mischen und mit Seraina verkäsen.
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Noch drei Wochen
Weniger Kühe zum Melken, weniger Milch zum Verkäsen, weniger Rahm zum Buttern. Doch deswegen geht uns die Arbeit nicht aus. Die Galt-kühe brauchen eine neue Weide, der Holzschopf muss aufgefüllt werden und die zusätzliche Zeit in der Käserei setzt Reto ein, um Butterungsraum und Sennerei von oben bis unten durchzuputzen. Die Weiden um den Gipfel sind langsam leer gefressen, hier können wir schon bald die Zäune abbrechen. Und das Wichtigste: Die Alpabfahrt organisieren, denn wenn alles nach Plan läuft, werden wir in drei Wochen ins Tal ziehen.
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