Wenn man nicht wüsste, dass er aus der Schaffhauser Exklave Buchberg stammt, könnte man Hanspeter Kern auf den ersten und zweiten Blick ohne weiteres für einen Bergbauern halten: etwas knorrig in der Art, dazu ein für einen Berner nicht allzu gut verständlicher Dialekt und immer einen trockenen Spruch auf den Lippen.

Nurmehr Gemeindepräsident

Nun wird man sich in der Milchszene an einen neuen SMP-Präsidenten gewöhnen müssen. Dem Vernehmen nach ist ein grösser gewachsener Welscher derzeit der Topfavorit. Hanspeter Kern wird nach zehnjähriger Tätigkeit auf die SMP-DV vom kommenden Mittwoch demissionieren und sich auf den bereits übergebenen Betrieb und das Gemeindepräsidium konzentrieren.

Gewählt wurde der Schaffhauser Milch- und Weinproduzent in turbulenten Zeiten. Als im Februar 2013 die Verbandsspitze in corpore demissionierte, war das ein ziemlich unerhörter Vorgang, der selbst in den nationalen Publikumspresse für einiges Aufsehen sorgte. Der damalige Präsident Peter Gfeller, der 2020 verstorben ist, und der unterdessen in den Bundesrat gewählte Albert Rösti warfen damals entnervt das Handtuch.

Start nach Zerwürfnis

Die Verbandsspitze hatte zu viele offene Baustellen mit den Mitgliedsverbänden. Die grösste davon war vermutlich der Plan für ein Milchpooling, mit welchem die Verbandsleitung Schiffbruch erlitt. Das musste letztlich zum Zerwürfnis führen. Bis heute ist die Doppelrolle gewisser SMP-Mitglieder – sie tragen zwei Hüte als Produzenten- und Verarbeiter-Vertreter – ein Thema, das zuweilen aufflammt, allerdings nie mehr im selben Ausmass wie in der Ära Gfeller/Rösti.

Rasch in Position gebracht

Im Gefolge der Turbulenzen brachte sich Kern als damaliger Präsident der Vereinigten Milchbauern Mitte Ost (VMMO) rasch und geschickt in Position für die Nachfolge. In der Wahl obsiegte er dann mit rund zwanzig Stimmen Vorsprung auf den später ins Rennen gestiegenen Freiburger Fritz Glauser.

Dass sich die Lage anschliessend rasch beruhigte, ist mit ein Verdienst von Hanspeter Kern. Man attestiert ihm in der Branche, dass er zuhören und Kompromisse aus dem Hut zaubern kann. In der Ära Kern ist es deshalb auch ruhiger geworden um die kämpferischen oppositionellen Kleinorganisationen wie Big-M oder die bernischen bäuerlichen Komitees. Und die Bauerngewerkschaft Uniterre hat ihren Fokus eher auf andere Themenfelder wie Ernährungssouveränität verlegt.

Verband hat seine Rolle gefunden

Gleichzeitig ist es mit der Branchenorganisation Milch (BOM) gelungen, über die Produzentenorganisationen hinaus eine gewisse Stabilität im Markt herzustellen. Das ist natürlich nicht nur Kerns Verdienst, aber die SMP spielen hier bei der Entscheidfindung jeweils eine zentrale Rolle.

Der Nachfolger kann einen Verband übernehmen, der seine Rolle nach langem Suchen wiedergefunden zu haben scheint. Auf ihn warten aber Herausforderungen und ungelöste Probleme. So die Weiterentwicklung des Grünen Teppichs und die tiefe Attraktivität der Milchproduktion, die zu überdurchschnittlichem Strukturwandel führt.


Was hat er geleistet? Ein paar Stimmen zum Wirken von Hanspeter Kern

Markus Ritter, Präsident SBV
Hanspeter Kern hat den SMP in einer sehr anspruchsvollen Zeit übernommen. Mit sehr umsichtigem Vorgehen nach innen und aussen konnte er ihn wieder klar positionieren. Das grosse Ziel, den Markt zu stabilisieren und mit den Milchpreisen die Produktionskosten decken zu können, ist näher gerückt. Er war auch ein sehr geschätztes Vorstandsmitglied des SBV. Für sein grosses Engagement verdient er Dank und Anerkennung.

Werner Locher, Geschäftsführer Big-M
In Zeiten des Umbruchs und der Dauerkritik war das SMP-Präsidium für Hanspeter Kern eine Herkulesaufgabe. Die vom Vorgänger geforderte Bereinigung der Interessenvertretung im Vorstand fand leider nicht statt. Der Druck auf die Produzenten hat weiter zugenommen. Wir sind immer noch weit entfernt von ökonomischer Nachhaltigkeit in der Milchproduktion. Die Ära Kern wird leider nicht als «Neubeginn» in die Geschichte eingehen.

Martin Hübscher, Präsident Mooh
Hanspeter Kern erlebte ich als initiativen Präsidenten – stets optimistisch und mit einer Prise Humor. Er hat immer enorm viel Einsatz für die Milchproduzenten gegeben und stand für sie ein. Er erlebte den ganzen Wandel von der Einführung der Milchkontingentierung bis zum Ausstieg und der Liberalisierung des Käsemarktes. Ich habe die Zusammenarbeit mit ihm immer sehr geschätzt und wünsche ihm nur das Beste für seine Zukunft.

Stefan Kohler, Geschäftsführer Branchenorganisation Milch
In meiner früheren Tätigkeit als Journalist durfte ich vor vielen Jahren Hanspeter Kern kennenlernen. Bei einem oder zwei Glas Wein begegneten wir uns dabei offen und fröhlich. Bei der Branchenorganisation Milch (BOM) sah ich dann auch den anderen Hanspeter Kern: Einen harten Kämpfer für die Sache der Produzenten. Seine grösste Stärke: Mehr als einmal hat er eine Situation gerettet, indem er einen guten Kompromiss aus dem Hut gezaubert hat.