Die Spatzen pfeifen es von den Dächern; oder besser ausgedrückt, die Milchbranche verbreitet es hinter vorgehaltener Hand: Der Bundesrat will nächste Woche die Direktauszahlung der Verkäsungszulage (VKZ) an die Produzenten beschliessen, sofern die Traktandenliste es zulässt. Darüber hat Bundesrat Guy Parmelin die Branchenvertreter dem Vernehmen nach vor wenigen Tagen anlässlich einer gemeinsamen Sitzung informiert.

Niederlage für Verbände

Abo Der Käse wird in der unsicheren Wirtschaftslage dünner abgeschnitten als auch schon. Umso grösser ist die Bedeutung der Verkäsungszulage. Agrarpolitik Erhöhte Nervosität in der Branche: Welche Zukunft für die Verkäsungszulage? Friday, 14. October 2022 Für die grossen Branchenverbände ist das eine empfindliche Niederlage. Wie schon beim ersten Anlauf des Bundes für die Direktauszahlung der VKZ im Jahr 2020 haben Schweizer Milchproduzenten (SMP), Fromarte, Vereinigung der Schweizerischen Milchindustrie (VMI) und Branchenorganisation Milch (BOM) das Ansinnen klar abgelehnt. Ungeachtet der klaren Stellungnahmen im Rahmen der Vernehmlassung zum Verordnungspaket 2022 will der Bund nun also den Systemwechsel vornehmen.

In ihren Stellungnahmen haben die Verbände u. a. auf den drohenden administrativen Mehraufwand hingewiesen. Diese Argumentation hat beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und dem zuständigen Minister aber nicht verfangen. Zu traumatisiert ist man beim Bundesamt offenbar noch vom vollen Schuh, den man vor einigen Jahren im Fall der konkursiten Ostschweizer Käserei Wick rausgezogen hat. Damals wurde das BLW dazu verknurrt, die VKZ ein zweites Mal direkt an die Produzenten auszuzahlen, weil die ersten Beiträge beim Verarbeiter versickert waren.

Workshops zur Vorbereitung

Unvorbereitet will man beim Bund aber nicht in den neuen Auszahlungsmodus straucheln. Wie ein Branchenvertreter berichtet, sollen zunächst Workshops stattfinden, in denen die Umsetzung im Detail angeschaut wird. Anschliessend soll dann eine weitere Vernehmlassung stattfinden.

Verkäsungszulage «Das Gericht stellt fest: Elsa hat die Fehler im System für sich ausgenutzt» Monday, 17. October 2022 Um dieses Vorgehen zeitlich sauber abzuwickeln, braucht es mehr Zeit. Die Umsetzung ist nun nicht wie ursprünglich erwartet für das Jahr 2024, sondern erst für 2025 vorgesehen.

Gleichzeitig mit dem Ärger über die Neuregelung muss die Milchbranche ein anderes VKZ-Problem verdauen. Die Konsequenzen des kürzlichen Gerichtsurteils sind noch nicht bekannt. Die Elsa wurde dabei von einem Freiburger Bezirksgericht für schuldig befunden, die VKZ nicht ordnungsgemäss an den Produzenten Maurus Gerber ausbezahlt zu haben. Zu diesem Sachverhalt will das Unternehmen keine Stellung nehmen.

Weitere Prozesse möglich

Hinter den Kulissen wird schon über mögliche Auswirkungen gemutmasst. Die Schadenssumme von gut 1300 Franken ist für die Migros-Tochter natürlich ein Pappenstiel. Die Frage ist aber, ob das Urteil nun weitergezogen werden soll.

Der geringe Betrag sorgt dafür, dass man den Fall maximal bis ans Freiburger Obergericht weiterziehen kann. Dieses kann aber nur noch beurteilen, ob grobe Rechtsfehler oder Falsch-Feststellungen vorliegen. Die Chance, dass es rechtskräftig wird, ist also gross. Wenn es so weit ist, dürften sich weitere Produzenten bekräftigt fühlen, die entgangenen Beträge auf juristischem Weg einzufordern, was dann teurer werden könnte, nicht nur für Elsa.