Die Migros will das Trinkmilch-Sortiment bis Ende Jahr vollständig auf Wiesenmilch von IP-Suisse (IPS) umstellen. Wir haben Lukas Barth, dem Chef Milcheinkauf bei der Migros-Tochter Elsa, einige Fragen zum Thema gestellt. Barth ist nur noch bis Ende April bei Migros tätig, anschliessend wechselt er als Leiter Nachhaltigkeit zu IPS.
Mit der Übernahme der IPS-Wiesenmilch gibt die Migros ihr eigenes Nachhaltigkeitsprogramm auf, was hat zu diesem Schritt geführt?
Lukas Barth: Nachhaltigkeit ist für die Migros schon lange ein wichtiges Thema. Das hat dazu geführt, dass wir 2018 das Programm Nachhaltige Milch Migros eingeführt haben. Der Markt hat sich inzwischen entwickelt, in der Schweiz und im Ausland. Mit der flächendeckenden Einführung der IPS-Wiesenmilch wollen wir einen weiteren Schritt hin zu einer umfassenden Nachhaltigkeit in der Schweizer Milchproduktion machen. Mit dem Käfer setzen wir auf ein Label, das die Konsument(innen) kennen. Dass die Migros nun integral auf ein bäuerliches Label setzt, ist auch eine Anerkennung dafür, dass IP-Suisse die Nachhaltigkeit selbstständig und erfolgreich vorangetrieben hat.
Was gehört alles dazu?
Die Migros stellt das gesamte Trinkmilch-Sortiment mit Ausnahme der Bioprodukte um, das heisst von UHT unter der Marke Valflora über Spezialmilchen bis zu den Regiomilchen.
Gibt es einen Preisaufschlag auf dieser Produktepalette?
Die Umstellung auf IPS-Wiesenmilch hat keinen Preisaufschlag zur Folge, wir investieren hier in die Nachhaltigkeit und die Marge wird etwas kleiner. Es geht schlussendlich auch darum, wie wir den Schweizer Konsumenten schmackhaft machen können, die Milch im Inland und nicht im Ausland zu kaufen. Gemäss unseren Schätzungen wurden vor Corona rund 120 Mio kg Milchäquivalente pro Jahr im Ausland eingekauft.
Gibt es Pläne für die Umstellung weiterer Milchprodukte?
Nein, vorläufig nicht, das ist für uns und unsere Lieferanten ein Riesenschritt mit einer Menge von 110 Mio kg, das ist rund die Hälfte der Milch, die wir verarbeiten. Bisher haben wir jährlich rund 10 Mio kg Wiesenmilch verarbeitet. Man darf schon sagen, dass die Migros mit diesem Schritt die konsequenteste Nachhaltigkeitsstrategie hat, es gibt jetzt nur noch Bio- und Wiesenmilch.
Bei Coop ist der Käfer ja auch eingeflogen, hatte das einen Einfluss auf Ihren Entscheid?
Nein, die Migros hat die Wiesenmilch ja von Anfang an geführt. Von dem her ist es sicher nicht die Migros, die etwas kopiert.
Aber den Käfer hattet Ihr ja nicht drauf …
Ja, aber den hatten zuvor ja auch schon andere, das ist kein Novum. Ausserdem hat die Migros bereits letzten Dezember kommuniziert, dass alle IPS-Produkte künftig mit dem Käfer ausgelobt werden.
Wo beschaffen Sie die zusätzlich nötige Milch?
Wir haben alle Direktlieferanten angeschrieben. Hier hat jeder Produzent die Möglichkeit, auf IPS-Wiesenmilch umzustellen. Was wir darüber hinaus benötigen, beschaffen wir über den Milchhandel. Mit unseren Lieferanten sind wir dazu im Gespräch.
Elsa-Direktlieferanten, die nicht umstellen wollen, sind die draussen?
Nein, wir werden weiterhin die ganze Milch von unseren Direktlieferanten beziehen. Unser Programm Nachhaltige Milch wird per Ende Jahr eingestellt und wir übernehmen anschliessend für die Nicht-Wiesenmilch den Branchenstandard Swissmilk Green.
Was müssen Elsa-Direktlieferanten zusätzlich leisten, um mitmachen zu können bei Wiesenmilch?
Unsere Auswertungen zeigen, dass die Umstellung für viele Betriebe ohne grösseren Aufwand umsetzbar ist. Ein grosses Thema ist das Sojaverbot. Dort haben wir eine Übergangslösung definiert, dass man das Futter im Silo noch aufbrauchen und die Fütterungsumstellung planen kann. Zweites Thema ist die RAUS-Pflicht, das erfüllen fast alle Betriebe. Zudem hat der Grünfutteranteil einen wichtigen Stellenwert. Das kann für sehr intensiv geführte Betriebe Anpassungsbedarf geben. Wobei wir hier mit unseren bisherigen Mindestanteilen Wiesen- und Weidefutter in der Ration (50 % TS im Tal, 70 % im Berggebiet, ohne Mais gerechnet) bereits eine gute Basis haben.
Wie sieht es aus punkto Zuschlägen, was können die Produzenten da erwarten?
Elsa-Direktlieferanten erhielten in unserem Programm bis Ende 2020 einen Zuschlag von 3 Rp./kg und seit Anfang 2021 sind es auf der A-Milch 4 Rp.
Das heisst, mit der Wiesenmilch gibt es nur einen Rappen mehr?
Nein, relevant ist ja auch der Basispreis und der wurde Anfang Jahr auch 1 Rp. erhöht und die Marktentwicklung deutet darauf hin, dass es eine weitere Preisentwicklung gibt. Ausserdem gibt es die 5 Rp. auch für die B-Milch.
Neu kommt auch Swissmilk Green dazu, die haben einen Zuschlag von 3 Rp. Kommt das noch dazu?
Nein, das ist entweder oder.
Kommt nun auch das Logo von Swissmilk Green auf die Milchpackungen?
Nein, da es nur noch IP-Suisse Wiesenmilch und Biomilchen gibt. Auf anderen Produkten ist das aktuell kein Thema.
In dem Fall ist das auch nicht der erste Schritt der Migros zurück in die Branchenorganisation Milch (BOM)?
Nein, wir können unsere Verantwortung auch ausserhalb der BOM wahrnehmen, wie das Beispiel zeigt.
Ist der Wechsel auf den Branchenstandard ein Rückschritt in Sachen Nachhaltigkeit?
In einigen Themen wie der gras- respektive raufutterbasierten Fütterung oder der Klimawirkung gibt es sicher noch Potenzial. Da gibt es aktuell keine verbindlichen Anforderungen. Die BOM ist aber daran, diese wichtigen Aspekte einer nachhaltigen Milchproduktion weiterzuentwickeln.
Sie wechseln bald zu IPS, ist das ein kleines Antrittsgeschenk aus Ihrer Hand?
Nein, das hat nichts mit mir als Person zu tun.