In den Regalen der Supermärkte sind sie nicht mehr zu übersehen, die Haferdrinks. Zu saftigen Preisen verkauft der Detailhandel ein wachsendes Sortiment von aus- und inländischen Produkten. Der Liter der trendigen Milchimitate wird meist zum doppelten bis zum dreifachen Preis verkauft wie das Original aus der Kuh, wie ein Augenschein beim Migros und Coop zeigt.
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12 Prozent Inlandproduktion
Motor dieses Wachstumsmarkts sind die Ernährungstrends in einem spriessenden Nischensortiment. Dabei kommt dem Hafer eine wachsende Bedeutung zu, weil er nicht nur in Drinkform vielen Gesundheitsbewussten als sogenannter Superfood gilt. Veganer kommen hier ebenso auf die Rechnung wie Leute mit zu hohem Cholesterinspiegel, welcher der regelmässige Konsum von Haferflocken senken helfen soll.
Der benötigte Speisehafer kommt zum grössten Teil aus dem Ausland. Jährlich werden insgesamt rund 50 000 Tonnen Futter- und Speisehafer eingeführt. Dazu kommt eine Inlandproduktion von rund 7000 Tonnen. Beim Hafer für die Ernährung dürfte der Anteil noch deutlich tiefer liegen. Das äussert sich auch darin, dass Emmi als bisher einzige Anbieterin einen Haferdrink mit Schweizerkreuz im Sortiment hat. Die übrigen Haferdrinks werden entweder fertig eingeführt oder aus importiertem Rohstoff hergestellt.
Da der Swissness-Trend ähnlich stark ist wie derjenige zur gesunden Ernährung, unternimmt die Fenaco nun Anstrengungen, den Anteil des Inlandhafers zu erhöhen (wir berichteten).
Kleine Brötchen backen
Ab 2022 fördert die Fenaco-Geschäftseinheit GOF die konventionelle Schweizer Produktion mit einem Zuschlag von 10 Fr. auf dem Richtpreis von derzeit Fr. 30.50/dt. Laut GOF-Geschäftsleitungsmitglied Fortunat Schmid ist das Ziel im ersten Jahr des Förderprogramms, eine Erhöhung der Speisehaferproduktion auf 2000 Tonnen. Fenaco reagiert damit auf die gesteigerte Nachfrage der grossen Mühlen nach Schweizer Hafer.
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Die Brötchen werden also vorläufig relativ klein gebacken. Das ist nicht verwunderlich, denn dem Ausbau des heimischen Angebots stehen einige Hindernisse im Weg. Hafer ist zwar eine sogenannte Gesundungskultur in der Fruchtfolge und erfordert bescheidenen Pflanzenschutzaufwand. Preislich ist er aber gegenüber dem übrigen Futter- und Brotgetreide kein Spitzenreiter, im Gegenteil (s. untenstehende Tabelle). Mit dem Zuschuss von 10 Fr./dt kommt der Produzentenpreis zwar leicht höher zu liegen als derjenige von Gerste und Futterweizen. Die Erträge sind im Schnitt der Jahre aber auch um einiges tiefer.
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Weisser Winterhafer gefragt
Zudem erhöhen sich mit dem Förderprogramm für Speisehafer auch die Anforderungen, wie Fortunat Schmid ausführt. Bevorzugt wird, wegen höheren Hektolitergewichten und geringerer Anfälligkeit auf Trockenheit und Hitze, der Winterhafer. Den Zuschlag erhält nur, wer auf mindestens 50 kg/hl kommt.
Bei der Sortenwahl ist laut der Fenaco der Weisshafer (gemäss der Sortenliste von Swiss Granum) vorzuziehen, während Schwarz- und Gelbhafer nicht erwünscht sind. Diese Sorten haben die Produzent(innen) bisher bevorzugt angebaut, weil mit ihnen das Erreichen der geforderten Hektolitergewichte einfacher ist, als mit dem Weisshafer.
Besseres Klima in Finnland
«Wir sind nicht blauäugig», sagt Fortunat Schmid auf die Frage nach den Erfolgsaussichten für das Förderprojekt, «die Importe werden wir nicht aufholen können». Dafür gibt es neben den anbautechnischen auch finanzielle Gründe. Auf den internationalen Märkten bewegen sich die Preise für Hafer zwischen etwa 18 und 25 Fr./dt, dazu kommen bei den Einfuhr Zoll- und Garantiefondsabgaben von rund 5 Fr./dt.
Fortunat Schmid bestätigt im Weiteren, dass die klimatischen Bedingungen in den Hauptimportländern wie Finnland, Deutschland und Tschechien eher besser sind, da der Hafer bei viel Sonne und moderaten Temperaturen am besten gedeiht. «In Finnland ist die Lichtdauer grösser und die kühlen Sommer sind deutlich ausgeprägter», erklärt der GOF-Fachmann.
Trotzdem seien erste positive Signale vorhanden, dass sich bisherige Haferproduzenten zu einem Ausbau Richtung Speisehafer überzeugen lassen könnten, so Schmid. Immerhin erhöhe sich der Produzentenpreis um einen Drittel, das sei ein markanter Aufschlag. Die Ziele werde man aber nur erreichen, wenn in der Wertschöpfungskette mit möglichst geringen Margen auf allen Stufen gearbeitet werde.
SGPV wagt keine Prognose
Beim Schweizerischen Getreideproduzentenverband (SGPV) würdigt man den Vorstoss von Fenaco GOF als grundsätzlich positiv. Der Zuschlag von 10 Fr./dt sei ein positives Zeichen, solche Ideen brauche es, sagt Geschäftsführer Pierre-Yves Perrin. Er sieht durchaus ein Potenzial, erinnert aber daran, «dass Hafer bei uns im Getreidebau keine Hauptkultur ist». Die grosse Frage sei, ob der Zuschlag ausreichend sei, um die Produzenten zu vermehrtem Haferanbau zu motivieren. Er wolle hier keine Prognose wagen, so Perrin.
Warum sind die Drinks so teuer?
Migros und Coop geben keine Auskunft zu ihren Umsätzen mit Haferdrinks. Die hohen Preise begründet Migros damit, dass die Entwicklungs- und Logistik-kosten bei Milchalternativen höher und die Verkäufe deutlich kleiner seien. Coop schreibt, dass die Preise bei der Eigenmarke Karma durch geringeren Herstellungsmengen sowie höhere Herstellungs-, Produktions- und Entwicklungskosten (Bioqualität) geprägt seien. Coop erklärt, man wolle den Anteil an Schweizer Hafer in den Drinks weiter erhöhen. Die Migros bedauert, dass sie aufgrund der hohen Nach-frage noch keinen Drink mit Hafer aus der Schweiz im Angebot habe. «Wir arbeiten jedoch an Lösungen mit Schweizer Rohstoffen».