Kürzlich berichteten wir über die Cappuccino-Krise, wobei die möglichen Gründe der mangelhaften Schäumbarkeit der Milch diskutiert wurden. Personen aus der Branche thematisierten verschiedene Theorien dazu. Die möglichen Erklärungen reichten von Wetterwechseln, Tränketemperaturen bis hin zu Fütterung, Milchzusammensetzung und Verunreinigungen durch Reinigungsmittel. Thomas Aeschlimann von der Agroscope hatte eine chemische Erklärung dafür: «Der Fettgehalt der Milch spielt eine zentrale Rolle. Ist die Milch reich an freiem Fett, beeinträchtigt dies die Schaumbildung», erklärte Aeschlimann.
Die Fettspaltung ist zentral
Doch wie kommt es zu einer erhöhten Konzentration von freien Fettsäuren? Eine Antwort lautet: Fettschädigung während der Milchverarbeitung. Einwirkungen wie das Frieren oder Mischen können die Membran der Fettkügelchen verletzen. In der Folge bricht das Enzym das Fett in Di-, Monoglyceride und eben freie Fettsäuren (wir berichteten). Der Anstieg an freienFettsäuren steht demnach im Zusammenhang mit einer steigenden Melkfrequenz oder kurzen Melkintervallen, wie aus Erkenntnissen mehrerer Studien hervorgeht. Die Konzentration von freien Fettsäuren wird also von der Fütterung, der Haltung wie auch vom Melksystem beeinflusst. Hier knüpfen teils verjährte, aber dennoch interessante Studien aus Italien an:
Diese belegen unter anderem, dass die Gründe für einen erhöhten FFS-Gehalt bei kürzeren Melkintervallen die erhöhte Aktivität der Acetyl-Coenzym-A-Carboxylase und die Fettsäuren-Synthese seien, welche bei kürzeren Melkintervallen verstärkt eintreten, so die Studie. Daraus schliessen die Forscher, dass ein erhöhtes Melkintervall, wie dies bei automatischen Melksystemen (AMS) der Fall ist, die Fettsynthese erhöht und somit die Konzentration von freien Fettsäuren ansteigen lassen kann.
Einfluss der Fettkügelchen
Eine weitere Erklärung für den höheren FFS-Gehalt der Milch von Kühen, die mehr als zweimal täglich gemolken werden, ist gemäss der Studie die Grösse der Fettkügelchen; Kürzere Melkintervalle stehen mit höherem Milchfettgehalt und somit grösseren Fettkügelchen in Verbindung, welche unstabiler und somit hinsichtlich des Pumpens und jeglicher Bewegung anfälliger auf die Lipolyse (die Aufspaltung von Triglyzeriden in freie Fettsäuren) sind als kleinere. Der Einfluss der Fettkügelchengrösse ist in der Branche allerdings umstritten und nicht eindeutig belegt.
Die natürliche Aufrahmung ist ein weiteres Qualitätsmerkmal der Milch und in Bezug auf die Schäumbarkeit zentral. Diese Aufrahmung fiel gemäss mehreren Studien bei Milch aus AMS tiefer aus, als bei Milch aus herkömmlichen Systemen.
Häufigkeit entscheidend
Nichtsdestotrotz: Die Melkhäufigkeit schien bei der Bestimmung des Gehalts an freien Fettsäuren der Milch von grösserer Bedeutung zu sein als das Melksystem an sich, denn der FFS-Gehalt der Milch von Kühen, die dreimal täglich in einem herkömmlichen System gemolken wurden, war vergleichbar mit dem von Kühen, die in einem AMS gemolken wurden, heisst es in der Studie aus dem Jahr 2017. Bei der Suche nach dem Sündenbock den Finger voreilig auf AMS zu zeigen, scheint dennoch nicht der richtige Weg zu sein. Zumal die Resultate doch teils widersprüchlich sind oder an Repräsentativität mangeln. «Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass AMS die Milchfetteigenschaften hauptsächlich aufgrund der erhöhten Melkfrequenz beeinflusst. Weitere Forschung ist erforderlich, um zu zeigen, ob Qualitätsprobleme wie der Fettsäurengehalt durch ein anderes Herdenmanagement reduziert werden können», so die Studienautoren. Und: Die Ergebnisse der Studie aus dem Jahr 2017 deuten darauf hin, «dass automatische Melksysteme ohne nachteilige Auswirkungen auf die Gerinnungseigenschaften der Milch eingesetzt werden können».
