«Milchpreise fallen – Zeichen stehen auf Sturm» lautet der dramatische Titel eines Artikels von dieser Woche auf dem deutschen Portal «Agrarheute». Im Januar habe eine Reihe von deutschen Molkereien ihre Auszahlungspreise deutlich gesenkt, so der Autor. Hintergrund seien die fallenden Preise für Milchprodukte und die Zunahme der Milchmenge.
Milchpulver verliert 33 %
Alle wichtigen Marktindikatoren hätten sich zuletzt deutlich verschlechtert, heisst es im Artikel des Marktspezialisten Olaf Zinke weiter. Das komme aufgrund der Marktstruktur und längerfristig laufender Verträge nur langsam bei den Milchbauern an, schreibt er, «doch die Richtung der Preise ist eindeutig: Steil nach unten», so die Hauptaussage des Artikels.
Der wichtigste Marktindikator, von dem der Autor spricht, ist der Kieler Rohstoffwert (s. Grafik). Dieser wird allmonatlich vom Institut für Ernährungswirtschaft (IFE) in Kiel berechnet. Er basiert auf den Preisen für Magermilchpulver (Skimmed Milk Powder, SMP) und Butter. Hier hat sich der Trend zuletzt stark verschlechtert. So liegt der Preis für eine Tonne SMP in Deutschland im Februar bei 2500 €/t. Vor Jahresfrist waren es 3700 €. Zwischenzeitlich war der Preis gar bis auf 4300 €/t angestiegen.
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Ähnlich sind die Verhältnisse bei der Butter (standardisiert bei 82 % Fettgehalt). Hier liegt der Preis im Februar 2023 laut dem italienischen Institut Cial derzeit bei 4915 €/t. Im Februar des Vorjahres hatte die Butter noch bei 6043 €/t notiert. Die Entwicklungen auf den Märkten in den USA und Ozeanien sind sowohl bei SMP wie auch bei Butter praktisch identisch.
Index eilt der Zeit voraus
Der Kieler Rohstoffwert ist auch für den Schweizer Markt entscheidend. Er wird als wichtigster Faktor für die Berechnung des B-Milch-Richtpreises der Branchenorganisation Milch herangezogen. Wie vor zwei Wochen berichtet, ist auch dieser bereits unter Druck geraten. Bei Milchkäufern mit relativ hohem B-Milch-Anteil wie etwa ZMP und Mooh hat dies zu markanten Preisabschlägen geführt.
Dabei ist es tendenziell so, dass der B-Richtpreis die Entwicklungen vorausnimmt. So berichtet «Agrarheute» von einem «Preisrutsch bei den wichtigsten Milchprodukten im Grosshandel». Zuletzt hätten die grossen Detailhändler ihre Preise für Butter und andere Milchprodukte gesenkt. Davon ist im Schweizer Markt noch nichts zu spüren, obwohl die Preise bereits abgenommen haben.
Ähnliches gilt für die Entwicklung der angelieferten Milchmenge. Das deutsche Portal berichtet, dass diese nach den Daten der Milchindustrie «vor dem Jahreswechsel rund 3,6 % über dem Vorjahr lag und im neuen Jahr die Vorjahresmenge um 3,3 % übertraf». Somit wachse das Angebot bei schrumpfendem Absatz und drücke zusätzlich auf die Milchpreise.
Was macht die Milchmenge?
Von einem Anstieg bei der Milchmenge ist aber in der Schweiz trotz besseren Preisen im Jahr 2022 noch nichts zu spüren. Laut dem jüngsten Marktlagebericht der Schweizer Milchproduzenten war in den ersten elf Monaten 2022 gegenüber der Vorjahresperiode eine um 1,7 %tiefere Milchmenge zu verzeichnen. Allerdings zeigt der November 2022 eine Zunahme um 1,4 %. Ob das ein erstes Anzeichen ist, dass auch in der Schweiz die Produktion markant zunimmt, muss sich noch weisen.