Muotathal Ende September, alles Vieh ist wieder sicher und heil im Tal, der Alpsommer 2021 ist Passé composé. Zeit für einen kleinen Rückblick.
Gemischte Gefühle
«Na Petra, wie war der Alpsommer?», fragen mich meine Freundinnen und Freunde. Idylle, Seelenfrieden, Kuh-Kuscheln, atemberaubende Aussicht? Oder Müdigkeit, Differenzen mit den Mitälpler(innen), Tränen? Wieso oft im Leben ist es beides. Ein Wechselbad der Gefühle, tagtäglich.
Es ist 18 Uhr, Melkzeit. Ich überlege mir, die teuren Wanderschuhe auszuziehen, um auf Gummistiefel zu wechseln. Aus Faulheit aber stehe ich dann eben doch mit meinen Wanderschuhen im Stall und erfreue mich über die gewonnenen zwei Minuten. Doch denkste! Prompt kackt mir Senta drauf. Nicht nur drauf, sondern treffsicher mitten in die Schnürsenkel. Ein Kunstwerk, wie es Picasso nicht besser hätte hinkriegen können. Anstatt dies aber als moderne Kunst verkaufen zu können, sehe ich mich mühsam am Schuhe striegeln und ärgere mich grausam über die «gesparten» zwei Minuten. Und während ich gerade die Nerven verlieren will, kommt Roxy und schleckt mir die Kuhscheisse voller Genuss von den Schuhen. Ich erfreue mich an diesem herzigen Wesen und während ich wieder voller Freude stecke, steckt mir genau dieses Wesen seine Kuhscheisse-Schnauze direkt zwischen Haaransatz und Unterkiefer – danke …!
Emotionale Erlebnisse
Ich suche im dicksten Nebel verzweifelt ein fehlendes Rind und könnte am liebsten gleich losheulen, so gross ist die Freude, als ich es dann doch heil finde. Am liebsten würde ich die ganze Welt umarmen.
Ein auf und ab, wie man es eigentlich nur aus der Pubertät kennt. Wie mein Sommer war? Halt einfach «kuhscheissetoll»!
Petra Fässler ist auf einem Bauernhof im Kanton Schwyz aufgewachsen. Mit 22 Jahren ist sie in die Stadt Zürich gezogen und hat nach der KV-Ausbildung zehn Jahre im Büro gearbeitet. Letztes Jahr hat sie erfolgreich ihren ersten Alpsommer verbracht. Nun geht sie mit 29 das zweite Mal auf die Alp Geitenberg im Muotathal mit zirka 30 Rindern und 20 Kühen.