Ich erinnere mich noch gut, wie ich vergangenen Sommer Tomatensetzlinge gekauft habe und mich fragte, was es wohl mit diesen «veredelten» Pflänzchen auf sich habe.

Schon seit Jahren zieht mein Praktikumsbetrieb alle möglichen Sommergemüse wie Tomate, Peperoni, Aubergine oder Gurke im eigenen Treibhaus auf. Diesen Frühling wollen wir Letztere zum ersten Mal selbst veredeln. Die Grundformel ist einfach: Man nehme den Kopf einer Edelsorte und setze sie auf die Wurzeln einer anderen kräftigen Pflanze, der sogenannten Unterlage.

Fingerspitzengefühl gefragt

Wer sich jetzt vorstellt, wie wir mit Bastelschere und Klebestreifen aus zwei Pflanzen eine Superpflanze machen, den muss ich leider enttäuschen. Da braucht es doch etwas mehr. Im Falle unserer veredelten Gurken wurden zuerst die Gurken angesät und mit einer Woche Rückstand eine schneller wachsende Kürbissorte, die als Unterlage dienen sollte. Sobald die Pflänzchen zirka fünf bis sieben Zentimeter gross waren, wurden die jungen Kürbispflanzen zuerst umgetopft und anschliessend mit einem Japanmesser einen Zentimeter über der Erde abgeschnitten. Bei den Gurkensetzlingen wurde hingegen der Kopf etwa einen Zentimeter unter den Keimblättern abgeschnitten.

Der nächste Schritt verlangte besonders viel Fingerspitzengefühl. Nun galt es nämlich, Wurzel und Kopf mithilfe eines speziellen Clips zu vereinen. Nun blieb uns lediglich übrig, abzuwarten und zu hoffen, dass unsere kleinen Patientinnen sich von ihrer Operation gut erholen.

Höhere Erträge möglich

Ziel dieser ganzen Transplantation ist es, einer Sorte, die besonders gutes Gemüse trägt, robuste und kräftige Wurzeln zu geben. Gerade bei Gurken ist Mehltau oft eine Problematik und durch eine Veredelung kann die Pflanze mit resistenteren Wurzeln ausgestattet werden.

Ein weiterer Vorteil ist, dass die grösseren Wurzeln mehr Nährstoffe erreichen, schneller wachsen und somit auch einen grösseren Ertrag versprechen. Kein Wunder, dass heutzutage trotz zusätzlichem Aufwand sehr viele Gemüsebauern nur noch mit veredelten Pflanzen arbeiten. Meine Betriebsleiter wollen aber speziell bei der Tomate darauf verzichten, da durch die Veredelung leider auch an Aroma eingebüsst wird.

Zur Autorin

Johanna Bischof aus Düdingen, Kanton Freiburg, hat im Juli 2021 das einjährige Vorstudienpraktikum der Hochschule für Agrar-, Forst und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) begonnen. Sie absolviert es in Colombier, Kanton Waadt auf dem Biohof der Familien Grossenbacher und Waber. Der Betrieb hat verschiedene Gemüsesorten, Obstbäume, Legehennen und Natura-Beef sowie einen wöchentlichen, hofeigenen Markt.