Endlich scheint auch hier der Frühling im Anmarsch zu sein, wobei der letzte Schneesturm bestimmt noch nicht überstanden ist. Doch die Tage werden länger und die Sonneneinstrahlung wärmer und so bleibt auch der Schnee nicht mehr ganz so lange liegen.

Die Tierwelt erwacht

Die Tierwelt lässt ebenfalls erahnen, dass der Frühling nicht mehr weit entfernt ist. Kanadische Wildgänse sind zu hunderten unterwegs in den Norden.

Das Richardson Ground Squirrel, umgangssprachlich «Gopher» genannt, ist eine Art Erdhörnchen, das es hier massenhaft gibt. Nun kommen sie alle aus ihren unterirdischen Bauten, nachdem sie monatelang nur unter der Erdoberfläche gelebt haben. Für uns Menschen sind die Nager leider eher eine Plage, da sie auf den Weiden tausende Löcher graben und wir immer wieder Kälber und Kühe mit Beinverletzungen haben. Zudem wird dadurch jede Fahrt übers Feld zur Holpertour, sei es mit dem Traktor, Pick-up oder mit dem Quad. Die Gopher dienen jedoch als Futterquelle für viele Lebewesen, welche die Prärie ihr zu Hause nennen.

Adler holen sich die Nachgeburten

Nebst Kojoten, Dachsen, Füchsen, Stinktieren und Falken, die alle permanente Bewohner unserer Gegend sind, lockt das Futterangebot auch jedes Jahr Weisskopfseeadler an. Sie kommen aus den nahe gelegenen Bergen, wo der Schnee noch meterhoch liegt, um hier nach Beute zu jagen. Nebst den Gophern tun sie sich auch jeweils an den Nachgeburten der Kühe gütlich. Zeitweise sind bis zu sechs Adler in unserer Gegend. Mit ihren 1,5 bis 2,5 Metern Flügelspannweite sind diese majestätischen Tiere jedes Jahr aufs Neue ein eindrücklicher Anblick.

Wenn der Schnee im Westen dann langsam schmilzt, ziehen sich die Adler in die hügeligen und bergigen Gebiete zurück, da es dort mehr Nistmöglichkeiten für sie gibt.

Der Getreidehandel läuft

Ein Grossteil der Angestellten der Farm ist momentan damit beschäftigt, die Annahmestellen mit Getreide zu beliefern. Markus` Chef, Don Lowe, will sicher gehen, dass er sein Getreide noch verkaufen kann, bevor allenfalls auch die Zugverbindungen wegen der Corona-Krise stillgelegt werden. Und auch preistechnisch ist nicht abzusehen, was auf kurze und lange Sicht noch auf den Getreidemarkt zukommt. Daher geht er auf Nummer sicher und verkauft jetzt all sein Getreide, statt wie in anderen Jahren zu warten, bis die Preise allenfalls ansteigen.

Zudem gehen die Vorbereitungen zur neuen Saat bald los und in zwei bis drei Wochen werden alle Angestellten voll im Ackerbau eingebunden sein, abgesehen von Markus und einem einzigen Mitarbeiter, der beim Abkalben mithilft.

Das Coronavirus ist auch in Kanada

Auch bei uns ist das Coronavirus angekommen und hat unser tägliches Leben über den Haufen geworfen. Die Schulen sind voraussichtlich bis anfangs September geschlossen. Die meisten Geschäfte haben vorsorglich geschlossen, Bibliotheken, Fitnessstudios und vieles mehr sind ebenfalls geschlossen und sogar die Spielplätze sind gesperrt. In anderen Provinzen mussten bereits alle nicht lebensnotwendigen Geschäfte schliessen. Ob und wann es bei uns so weit kommt, steht momentan noch offen. Inwiefern diese drastischen Massnahmen den gewünschten Effekt haben, sei dahingestellt. Sicher ist jedoch, dass sich Kanada, ebenso wie die meisten anderen Länder, nicht so schnell von dem ökonomischen Schock erholen wird. Bereits haben Millionen von Kanadiern Lohneinbussen oder gar den Job verloren. Weder das Ende der Quarantäne noch ein nationaler Lockdown sind absehbar. Ob die Regierung eine drohende wirtschaftliche Depression aufhalten kann, wird sich zeigen.

Als Landwirte werden wir wohl immer Arbeit haben, was natürlich eine gewisse Sicherheit gibt. Zudem sind wir dank unserer Selbstversorgung grösstenteils eigenständig. Trotzdem schauen wir mit Bangen dem momentanen Weltgeschehen zu und hoffen, dass der schlimmste Fall nicht eintrifft.

 

Die Autorin

Alexandra Ruckstuhl und ihr Mann Markus sind bereits zum zweiten Mal aus der Schweiz nach Kanada ausgewandert. Das erste Mal kehrte die Familie aufgrund einer lebensbedrohenden Krankheit ihrer älteren Tochter Kanada den Rücken und ging zur Behandlung in die Schweiz zurück. Nach erfolgreicher Operation der ersten Tochter und der Geburt der zweiten, war für Familie Ruckstuhl bald klar, dass sie in ihre Wahlheimat zurückkehren möchte. Mittlerweile sind mehr als drei Jahre vergangen, seit die Ruckstuhls die Schweiz zum zweiten Mal verlassen haben.