Bei uns herrscht gerade ein sehr nasser Frühling. Die Strassen sind grösstenteils überschwemmt. Wenn jetzt noch einmal viel Regen fällt, muss das Wasser frühzeitig durch mehrere Bewässerungssysteme in Flüsse und Kanäle gelassen werden.

Dies hat es seit 1996 nicht mehr gegeben. Da keine Nachfrage nach Wasser besteht, sind die temporären Wasserpreise sehr billig geworden.

Wetterphänomen «La Niña» bringt grossen Regenfälle

Wir sind offiziell im «La Niña». Dieses Wetterphänomen ist bei uns verantwortlich für die grossen Regenfälle. Für uns bedeutet das also, dass wir mehr Niederschläge als im Durchschnitt bekommen. Reis und Baumwolle werden im kommenden Sommer auf Rekordflächen angebaut.

Die ländliche Wirtschaft kann sich erholen und kleine Dörfer florieren. Die Weizenfarmer sind optimistisch, noch mal eine gute Ernte zu bekommen. Hoffentlich ist dann das Wetter in der Erntezeit nicht mehr so regnerisch, denn der Raps wird bei uns in Schwaden gemäht und nach sechs bis zehn Tagen gedroschen. Idealerweise gibt es in dieser Zeit keinen Regen.

Ein elektrisches Milch-Taxi erleichtert uns die Arbeit

In den letzten 30 Tagen haben mehr als 700 Milchkühe gekalbt. Es herrscht also Hochbetrieb im Kälberstall. Dank des Einsatzes von gesextem Sperma haben wir mehr als 360 weibliche Kuhkälber.

Die Wagyu-Kälber gehen nach sieben Tagen an die Genossenschaft zurück. Mastvieh-Kreuzungen wie Herford oder Angus verkaufen wir grösstenteils am Viehmarkt. Wegen des regnerischen und schlechten Wetters haben wir mehr kranke Kälber als in anderen Jahren. Sie haben vorwiegend Lungenentzündung und Durchfall.[IMG 1]

Medizinalmilch kennt man hier nicht

Die Kälber bekommen meistens Schmerzmittel, Antibiotika und am Mittag Elektrolytersatz. Medizinalmilch, die in der Schweiz verabreicht wird, kennt man hier nicht. Eine gute Anschaffung ist das Milch-Taxi. Dieses wird in Deutschland hergestellt. Wir können damit 260 Liter Milch pasteurisieren und auf eine gewünschte Temperatur erwärmen.

Da das Milch-Taxi elektrisch angetrieben wird, können wir problemlos von einer in die andere Scheune fahren. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir den Kälbern eine genaue Milchmenge füttern können.

Der Zeitaufwand lohnt sich, die Kühe werden meistens wieder gesund

Das Kuh-Bad ist ebenfalls sehr hilfreich. Falls eine Kuh nach dem Abkalben festliegt oder andere Probleme beim Aufstehen hat, wird sie mit dem Traktor ins Bad gehoben.

Die kranken Kühe bleiben für sieben bis acht Stunden in einem körperwarmen Bad. Dazu verabreichen wir entzündungshemmende Schmerzmittel.

"Die Tiere müssen weiterhin gefüttert und gemolken werden."

betont Josy Lang über die achtstündige Behandlung durch das Kuh-Bads.

[IMG 3]Wenn es den Kühen nach ein paar Tagen besser geht, dürfen sie wieder zurück in die Herde. Die ganze Prozedur ist ziemlich zeitaufwendig, weil die Tiere weiterhin gefüttert und gemolken werden müssen.

Aber es lohnt sich, weil sie meistens wieder gesund werden. Die Kühe, die nicht wieder genesen, werden abgeholt und zu Hunde- oder Katzenfutter verarbeitet. So entstehen für den Farmer keine Kosten für die Entsorgung.

Trotz des ganzjährigen Weidebetriebs gibt es immer wieder mal eine Kuh, die eine problematische Geburt hat.

Zinserhöhungen von 2,7 % für Arbeitskapital

In den letzten paar Monaten sind bei uns die Bankzinsen angestiegen. Letztes Jahr bezahlten unsere Söhne für Arbeitskapital nur 1,8 % und jetzt sind diese auf 4,5 % angestiegen.

Man rechnet mit weiteren Zinserhöhungen in der Zukunft. Die Inflation ist auch angestiegen, für Maschinenanschaffungen werden sogar Zinsen bis zu 9,5 % veranschlagt.

Königlicher Trauertag für Königin Elisabeth II

Am Wochenende ist in Melbourne das grosse Fussballfinale. Die sozialistische Regierung hat im Jahr 2019 deswegen am Freitag vor dem Match einen Feiertag im ganzen Staat Victoria eingeführt.

Es gibt einen grossen Umzug der spielenden Teams in der Stadt. Mit dem Tod der Königin Elisabeth II. hat die Bundesregierung auf dem ganzen Kontinent einen Trauertag erklärt. So haben wir jetzt die Situation, dass bei uns zwei Feiertage vor dem Wochenende entstehen.

Im Augenblick ist es bei uns noch zu früh, um zu silieren. Deshalb ist es nicht so wichtig, diese zusätzlichen Feiertage zu nutzen. Würden wir aber Silofutter machen, wäre dies eine ganz andere Geschichte.

Zur Person

1981 wanderten die Autorin und ihr Mann Werner nach Australien aus. Nach unzähligen Farmbesichtigungen kauften sie mit ihren bescheidenen Finanzen eine 50-Hektaren- Milchfarm mit 90 Milchkühen und Jungvieh in Tatura im Staat Victoria. 1997 bauten sie das erste Melkkarussell. Ihre vier Kinder sind alle dort geboren und zweisprachig aufgewachsen. 1988 konnten sie einen Nachbarsbetrieb kaufen und 2005 die zweite Milchfarm. Dort bauten Langs ein 50er-Melkkarussell. In der gesamten Zeit konnten sie die Farm auf 1250 Hektaren bewässertes Land vergrössern und die Herde wuchs auf 1500 Milchkühe plus Jungvieh an. Am 1. Oktober 2015 übergaben sie den Betrieb den zwei ältesten Söhnen. Diese bewirtschaften alles zusammen. Werner und Josy Lang arbeiten noch immer täglich auf dem Betrieb.