In meinem letzten Artikel habe ich von unserem blühenden Mais berichtet, den wir am 16. September von Hand gesät haben. Nun ist es bald Zeit für die Ernte. Hier bei den Kleinbauern in Cordilliera und auch bei uns auf dem Hof Granja Ko'ety wird der Mais noch von Hand geerntet. Aus dem Guarany übersetzt heisst Granja Ko'ety übrigens Bauernhof Sonnenaufgang.

Fliegender Besuch

Anfang Dezember erschienen eines Abends drei wunderschöne Papageien. Ich war voller Freude über die exotischen grünbunten Vögel. Die Grossmutter und liebe Hofseele grinste nur und klärte mich und den Rest der Familie über die Bedeutung der Tiere auf. «Das sind Vorboten und ein sicheres Zeichen, dass der Mais reif ist. In den nächsten drei bis vier Tagen werden sie zu hundert kommen und dir den Mais wegfressen, wenn du ihn nicht beschützt.» Weiter erzählte sie, dass der Mais laut einer alten Tradition beschützt werde, indem das älteste weibliche Familienmitglied abends durchs Maisfeld tanze. Nach zwei bis drei Tagen kämen die Papageien dann nicht mehr.

Verdutzt und etwas unsicher starrte ich in die Tiefen aller anwesenden Augen, um den Witz zu erkennen oder eben ihre uns oft sehr fremden Traditionen ernst zu nehmen. Wie ich solche Momente zu lieben gelernt habe. Unsicher, aber diplomatisch trank ich weiter meinen Terere, einen traditionellen Mate-Tee, als sich ein junges Familienmitglied nicht mehr halten konnte und freudig fragte, ob wir jetzt Böller kaufen gehen könnten. Beinahe hätte ich heute Abend getanzt.

Es war zwar noch lange nicht Silvester, aber die benötigten Knaller gibt es hier das ganze Jahr zu kaufen. Was wohl FiBL oder der Bioschwand dazu sagen würden, wenn wir es drei Abende so richtig krachen liessen im Maisfeld.

Krach verscheucht die Vögel

Gespannt beobachtete ich die Papageien-Kommunikation. Tags darauf kamen sie schon in einer kleinen Gruppe, am dritten Tag dann zu Scharen. Doch wir warteten bis sie am vierten Tag zu Hunderten kamen und dann wurde zu Mannes Freude geknallt, was das Zeug hält. Schrecklich für meine und Hundes Ohren, doch die Maiskolben blieben Maiskolben, die Kühe gaben immer noch Milch, und tatsächlich zeigte es Wirkung. Zirka drei Tage gab es Ruhe, genug Zeit, um die grossen, reifen Kolben von Hand abzulesen. Drei bis maximal fünf Kolben pro Pflanze ernteten wir im Durchschnitt. Zu Grossmutters Zeiten gab es teilweise sieben bis acht. 

Die Kolben werden für verschiedene Zwecke verwendet. Die schönsten trocknen wir in der Sonne, um sie als weiteres Saatgut zu verwenden. Ein Teil wird von Hand abgekornt und als Choclo fresco (frische Maiskörner) an Privatpersonen und Tante-Emma-Läden weiterverkauft. Aus dem frischen Mais wird Chipagazu, ein Kuchen aus Maiskörnern, Zwiebeln und Käse, gebacken. Ein anderer Teil wird luftgetrocknet als Futter für die Hühner und die kleineren Kolben werden an die Schweine verfüttert. Die Pflanzen selber mit ihren übrigen kleinen oder unfertigen Kolben lassen wir stehen. Sie werden täglich mit der Machete geerntet, gehäckselt und der Tagesfutterration beigemischt. [IMG 2]

Für Futter ist gesorgt

Gut fünf Wochen ersetzen uns die Pflanzen mit ihren Restkolben das Zufüttern von teurem Kraftfutter, gleichzeitig steigt die Milchleistung unserer Kühe. Mit dem Erlös aus dem Verkauf der frischen Maiskörner können wir die Kosten für das Saatgut, die Löhne des Anbaues und die Unkrautregulierung decken. Hühner- und Schweinefutter haben wir jetzt immer noch nach bald sieben Wochen. Die Kürbisse, die als Bodendecker zwischen dem Mais angepflanzt wurden, waren ebenfalls ein voller Erfolg. Deshalb werden wir sie das nächste Mal über das ganze Maisfeld anbauen.

Positive Bilanz

Leider haben wir unsere Kolbenernte nicht gewogen. Das wäre sicher spannend gewesen, doch kurz das Wichtigste in Zahlen:

  • Saatgut für eine halbe Hektare 50 000 Guaraní (gs), Fr. 9.–,
  • Saatgut Kürbisse 15 000 gs oder Fr. 2.30,
  • Lohnkosten für Anbau und Unkrautregulierung 300 000 gs oder Fr. 50.–,
  • Einsparung ein Monat Kraftfutter für 15 Produktionskühe 1200 000 gs oder Fr. 200.–,
  • 1Liter Milch im Verkauf 5000 gs oder 90 Rappen.

Mein Fazit: Trotz viel Handarbeit und zeitlichem Aufwand war der Maisanbau ein voller Erfolg, den wir als Gemeinschaft und dank frohem Herzen, Wetterglück und Gottes Segen erreicht haben.

Zur Person

Michèle Huber ist gelernte Landwirtin mit Fachrichtung Bio und Permakultur. Ein von ihr initiiertes PRE mit dem Ziel einer neu ausgerichteten regional-solidarischen Landwirtschaft fand Anklang bei Inforama, FiBL und Bio Schwand und wurde sogar vom BLW und Lanat anerkannt und finanziell mitunterstützt. Leider funktionierte die Umsetzung nicht ganz, der Landkauf gelang nicht. Überzeugt von ihren Idealen, gab Michèle Huber nicht auf und startete das Projekt nun im fernen Paraguay.