Seit Januar bin ich auf einer Farm in Neuseeland für die sogenannte «Harvest-Season» angestellt. Eigentlich habe ich letzten Sommer nach der Lehre zum Landmaschinenmechaniker meine Zweitausbildung zum Landwirt abgeschlossen. Auf nächstes Jahr werde ich den elterlichen Betrieb in Kandersteg BE übernehmen. Die Idee, eine Weile auf einem Landwirtschaftsbetrieb in einem anderen Land zu arbeiten, war jedoch schon länger da.
800 Hektaren bewässern
Die Farm liegt in Canterbury. Dies ist eine sehr niederschlagsarme Region auf der Südinsel Neuseelands. Hier fallen nur etwa 400–500 mm Regen pro Jahr. Da aber aus den nahegelegenen neuseeländischen Alpen reichlich Wasser vorhanden ist, können die Flächen sehr gut bewässert werden. Dies ist eine Beschäftigung, die eigentlich jeden Tag anfällt.
Von den 800 ha der Farm kann praktisch alles bewässert werden. Dies geschieht mit grossen Geräten, den Irrigatoren. Die älteren haben eine Spannweite von etwa 500 m und werden von einem Dieselmotor angetrieben. Sie haben zum Teil über 40 000 Betriebsstunden, denn sie machen 2000 bis 3000 Stunden pro Jahr.
Auf jedem Feld ist in der Mitte ein Hydrant platziert, so kann der Irrigator immer ein Feld in 24 h mit 25 mm bewässern. Es gehört zu den täglichen Arbeiten, den Schlauch zum nächsten Hydranten zu ziehen oder den Irrigator trocken über ein Feld zu lassen, welches nicht beregnet werden soll.
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Eine andere Form der Bewässerung sind die sogenannten «Roto-Rainer». Mit diesen hat die ganze Bewässerung vor ca. 50 Jahren begonnen; heute werden sie noch auf unförmigen Feldern eingesetzt. Sie haben einen Durchmesser von 80 m und drehen sich, indem das Wasser durch schräg angeordnete Düsen unter Druck verteilt wird. Das Wasser treibt gleichzeitig eine Turbine an, die durch ein Getriebe mit einer Seilwinde verbunden ist. So zieht sich der «Roto-Rainer» selber vorwärts.
Anspruchsvolle Vermehrung
Durch die warmen Bedingungen und die geregelte Bewässerung können hier sehr gut verschiedene Kulturen angebaut werden. Dies wird auch zur Saatgutvermehrung und zur Herstellung von Hybrid-Saatgut genutzt. Zum Beispiel bei Karotten, Radieschen und Randen werden immer männliche und weibliche Samen gepflanzt. Damit diese auch bestäubt werden, sind pro Feld immer mehrere Bienenstöcke aufgebaut. Hierfür ist eine externe Firma zuständig, die regelmässig zur Kontrolle kommt und die verschiedenen Bienenstöcke austauscht.
Nach der Blühzeit werden die männlichen Pflanzen gemulcht, da nur die weiblichen Samen als Saatgut weiterverwendet werden können. Bei diesen Kulturen ist es extrem schwierig, den richtigen Zeitpunkt für die Ernte zu erwischen. Deshalb sind wir momentan täglich auf den Feldern unterwegs und kontrollieren, ob etwas bereit ist. Sobald wir entscheiden, dass jetzt alles passt, werden die Pflanzen mit einem Schwadmäher gemäht und für eine Weile liegen gelassen, damit sie trocken können. Wenn die Feuchtigkeit stimmt, kann geerntet werden. Die Schwaden werden mittels Pick-up aufgenommen und durchlaufen den Drescher. Die Stängel werden zerhackt und hinter dem Drescher verteilt. Die Wurzelfrüchte können leider nicht geerntet werden, da diese austrocknen und nicht zum Verzehr geeignet wären.
Mit Feuer arbeiten
Nach der Ernte ist vor der Ernte. Deshalb müssen die Felder auch vorbereitet werden. Dies geschieht hier bei den Getreideflächen etwas anders. Nachdem das Feld abgeerntet wurde, habe ich mit einem Sternradrechen das Stroh vom Rand weg zur Mitte gebracht. Danach bin ich mit dem Grubber um das Feld herum gefahren, um eine Feuersperre zu errichten. Wenn der Wind dann in eine gute Richtung bläst, starten wir mit einem Quad, einem Traktor mit Grubber und einem Auto mit Anhänger inklusive Wassertank, Pumpe und Schlauch raus zum Feld. Mit einem Diesel-Benzingemisch beginnen wir auf der dem Wind entgegengesetzten Richtung, das Stroh und die Stoppeln anzuzünden. So brennen wir in die Richtung des Windes und haben das Feuer unter Kontrolle.
Nachdem etwa 15 bis 20 m «zurückgebrannt» sind, entzünden wir den Rest. Das Feuer wird vom Wind über das ganze Feld verteilt, das komplett abbrennt. Dies dauert etwa eine halbe Stunde, dann ist schon alles vorbei. Während des ganzen Feuers bleiben wir wachsam am Feldrand und sind bereit, falls wir eingreifen müssten. Ist das Feuer erloschen, beginne ich sofort damit, das Feld mit dem Grubber zu bearbeiten, damit die Asche möglichst auf dem Feld bleibt.
Die Neuseeländer Landwirte argumentieren damit, dass sie damit viele Traktorstunden einsparen und Krankheiten eingedämmt werden. Es war für mich auf jeden Fall eine sehr spannende Erfahrung.