Gleich zweimal haben wir in den letzten 14 Tagen Silo eingefahren: zuerst einen doch relativ ertragreichen vierten Schnitt und kurz darauf den Silomais. «Damit haben wir im 2023 sage und schreibe neun Silos gefahren», rechnen Henrik und Timo mir vor.
Stimmt, mit dem Ackergrassilo (also einjährige Kunstwiese) und dem zusätzlichen Einsilieren von zugekauften 100 Tonnen Maissilage im Frühjahr aufgrund der Futterknappheit im letzten Jahr kommen wir tatsächlich auf neun gefahrene Silos.
Plattes Land und Tonböden
Ich behaupte, dass es hier in Norddeutschland mit dem Wetteifern und Spekulieren zwischen den Nachbarn nicht viel anders ist als in der Schweiz. Es beginnt im Frühjahr, wenn die Mähwerke aus dem Winterquartier geholt werden und die Kühe beim Weideaustrieb über die grünen, saftigen Frühjahrsweiden springen. Und es endet mit der Frage, wer seinen Mais noch bei guten Bedingungen einbringen konnte oder es gar noch geschafft hat, Weizen oder eine Zwischenfrucht anzusäen. Auch in diesem Jahr wurde wieder gerätselt, bei wem denn nun der Häcksler zuerst brummen würde.
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Gefragte Lohnunternehmer
Während man bei der Grasernte eine etwas grössere Auswahl an Lohnunternehmern hat, sind es bei der Maisernte nur gerade zwei, die in Frage kommen. Die Termine sind entsprechend beschränkt, und man befindet sich in einem kleinen Zielkonflikt zwischen einem zu frühen Erntezeitpunkt und einem Erntetermin bei schwieriger Befahrbarkeit.
Hier oben, in dieser überaus flachen Landschaft ohne ein Gefälle mit sehr tonhaltigen Bodentypen, können zehn Liter bereits ausreichen, dass man die Flächen für eine Weile nicht mehr befahren kann bzw. den Acker verdichtet und grosse Mengen Erde auf die Strassen fährt. Körnermais baut hier niemand an, dafür ist die Vegetationsperiode zum vollständigen Ausreifen zu kurz.
Der improvisierte «Doppelsilo»
Dieses Jahr hatte wir – zugegeben – einfach grosses Glück, denn die Nachbarn hatten ihren Mais bereits geerntet. Für den Erntetermin, den man uns zugeteilt hatte, und den Tag davor war Niederschlag prognostiziert gewesen. Doch es war an beiden Tagen trockener als angesagt. Die Häckselkolonne, bestehend aus einem Feldhäcksler, drei Häckselwagen und einem Walzer (zeitweise war unser John Deere auch als Walzfahrzeug im Einsatz), startete frühmorgens. Beim Eindunkeln fuhr der letzte volle Wagen auf den Hof.
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25 Hektaren hat die Häckselkolonne insgesamt an diesem Tag geerntet. Die Lagerkapazitäten waren aufgrund der massigen Erträge der Grasschnitte etwas eingeschränkt. Es lag bereits ein kleiner Grassilo («Fladen») auf einer der beiden vorgesehenen Siloplatten, weshalb wir etwas improvisieren mussten. So liessen wir die beiden Silos am hinteren Ende, wo die Silomauer zu Ende ist, zusammen laufen. Da das Abdecken für den Silierprozess aufgrund des «Doppelsilos» etwas aufwendiger war und das Arbeiten bei Dunkelheit immer schwieriger wurde, haben wir am Abend nur die Unterziehfolie darüber gezogen. So war das Silo erst mal vor eventuellem Niederschlag über Nacht im Trockenen.
Der Herbst ist da
Das Abdecken hat sich gelohnt, denn über Nacht waren ein paar Liter Niederschlag gefallen. Entgegen unseren Bedenken liess sich auch die zweite, eigentliche Silofolie gut über die Unterziehfolie ziehen und ausbreiten. Dabei muss man gut aufpassen, dass alle Sandsäcke, die provisorisch als Beschwerung ausgelegt wurden, nicht versehentlich «miteinsiliert» werden. Auf die Folie kommen noch Silonetze sowie an Strohband gebundene Reifen als Befestigung bei starken Winterstürmen.
Wir sind froh, dass wir vor dem Regen alle Erntearbeiten abschliessen konnten, das Hühnermobil umgestellt haben und die Güllekeller leer sind. Mittlerweile hat es so viel Niederschlag gegeben, dass man auf dem Land nicht mehr fahren kann. Es ist richtig herbstlich geworden in Norddeutschland.
Zur Person: Sandra Hussmann
Sandra Hussmann (30) hat an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) Agronomie studiert und ist an die deutsche Nordsee-küste ausgewandert. [IMG 3]
Dort wohnt und arbeitet sie mit ihrem Mann und Tochter Elena (1) auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Henrik und Rita Wefer. Zum Betrieb gehören 90 ha Grünland und 25 ha Ackerland.
Der Tierbestand umfasst 130 Holstein-Milchkühe und eine ebenso zahlreiche weibliche Nachzucht. Sandra Hussmann, früher als Beraterin tätig, ist derzeit in Elternzeit.
