Der Mais ist geerntet und Maní als Fruchtfolge bereits wieder angesät. Wir hatten die etwas kühleren Temperaturen im Winter für Feldarbeiten genutzt und pflanzten zudem eine neue halbe Hektare Manioka an. Auch Melonen, Kürbisse und Bohnen sind bereits wieder im Boden. Auf einem neuangelegten Feld ist auch der Mais schon wieder am Auflaufen. Zudem ist unser Gemüsegarten nun vergrössert worden und hühnersicher eingezäunt – mit einem selbstgeflochtenen Bambuszaun.
Doch ohne Traktor ist Bioackerbau von Hand doch eine Herausforderung. Auch wenn die ganze Familie mit der Hacke oder dem Pferdemistwagen auf dem Feld steht, braucht es Kraft, Ausdauer, Hitzeresistenz und Durchhaltevermögen bei guten 30 bis 40 Grad. Ein Traktor wäre zwar gemütlicher, doch sinnvoll ist die Anschaffung für uns nicht.
Zu klein für einen Traktor
Bei unserer Grösse von zwölf Hektaren, wobei acht Hektaren ganzjähriges Weideland in Koppeln sind, rechnet sich dies definitiv nicht. Die Traktoren der Kleinbauern hier in Cordelliera sind zudem stark überteuert und gleichzeitig veraltet. Auch fehlen Landmaschinenmechaniker mit Erfahrung. So haben hier nicht nur die alten Generationen, sondern auch die Jungen mit gutem Grunde noch Ochsen. Sie werden in Paraguay Gueeys genannt. Für die Arbeit werden meist Zebus eingesetzt.
Darum sind unser neuer Stolz auf Granja Ko ety (Bauernhof Sonnenaufgang) zwei Zebus. Den einen Zebu, einen «Gupin», wie er hier genannt wird, mit 160 cm Höckerhöhe, brachte Victor im November für 6'000'000 paraguayische Guaraní (etwa 1000 Franken) nach Hause. Wir nennen ihn Roco. Er ist ein friedlicher Muni von zwei Jahren.
Handzahme Helfer
Nilo, etwas kleiner, jedoch noch zahmer, kauften wir im Mai dazu für umgerechnet knapp 800 Franken. Beide Tiere sind nicht kastriert. Doch sie sind handzahm und werden nachts neben unserer Kuhherde zusammen angebunden, wie es hier üblich ist. Obwohl sie sich konkurrieren könnten und den Holzpfosten, an dem sie festgebunden sind, umreissen könnten, sind sie umgänglich untereinander. Ausser ein bisschen liebkosendes Kopfdrücken brauchen sie nie ihre volle Kraft für irgendwelche Rangordnungsspiele.
Wir möchten die beiden Munis zu einem Ochsengespann trainieren, um unsere Felder selber bewirtschaften zu können. Dann wären wir unabhängiger. Neue, junge Zebu-Stiere unkastriert zu «Ochsen» zu erziehen, gilt jedoch auch hier eher als Unding, jedoch nicht als Unfug. So fanden wir nach einigem Suchen und Besuchen erfahrener Gueeys-Führer in der Umgebung einen 86-Jährigen, der bereit war, uns zu helfen. Bald stellt e sich heraus, dass dieser kleingewachsene, aber kräftige Urgrossvater weit herum bekannt war für sein Können. Er gilt als der Ochsenflüsterer.
Nie bei Neumond
Victor hatte sich um die notwendigen Hilfsmittel bemüht und freute sich auf den ersten Tag des Trainings. Doch wir müssen uns noch etwas in Geduld üben, denn um Neumond sollte nie damit begonnen werden. Der Grund: Die Hörner werden bei Neumond eher zerbrechlicher. Sie könnten sogar abfallen, wenn erstmals das «Yu,o», der selbst gefertigte Holzjoch, festgezurrt wird. Er kommt hinter die Hörner zu liegen.
Mit den Gespann würde das Bestellen des Felds nicht nur einfacher, sondern auch bodenschonender und ökologischer als mit Traktoren. Es ist ein weiterer Schritt auf unserem heranwachsenden, nachhaltig ökologischen Bauernhof mit vielen Permakultur-Prinzipien. Und es ist ein weiterer Betriebszweig mehr, wenn es funktioniert, wie wir uns das vorstellen. Denn es sind immer wieder Lohnarbeiten gefragt von Bauern, die selber kein Ochsengespann haben.
Einige lachen über uns, andere glauben an das Vorhaben. Doch generell heisst es hier im Land: «Mach dir keine Sorgen, denn es gibt nur Lösungen und keine Probleme. Und kannst du etwas nicht lösen, mache einfach kein Problem daraus.»
Zur Person
Michèle Huber ist gelernte Landwirtin mit Fachrichtung Bio und Permakultur. Ein von ihr initiiertes PRE mit dem Ziel einer neu ausgerichteten regional-solidarischen Landwirtschaft fand Anklang bei Inforama, FiBL und Bio Schwand und wurde sogar vom BLW und Lanat anerkannt und finanziell mitunterstützt. Leider funktionierte die Umsetzung nicht ganz, der Landkauf gelang nicht. Überzeugt von ihren Idealen, gab Michèle Huber nicht auf und startete das Projekt nun im fernen Paraguay.[IMG 2]