Trotz Sturmschäden werden hier in Illinois gute Mais- und Sojabohnenerträge erwartet. Der Regen während der Sommermonate verhilft den Pflanzen zu gutem Wachstum.
Rasenmähen im August
Es ist Mitte August und ich muss mit unserem John-Deere-Aufsitzmäher den Rasen mähen. Das tönt jetzt für Schweizer Verhältnisse sicher nicht sehr ungewöhnlich, aber für uns in den USA ist es das. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir in den letzten siebeneinhalb Jahren, seit ich in den USA lebe, jemals im August noch Rasen-mähen mussten.
Normalerweise wächst das Gras im späteren Sommer nicht mehr. Wir freuen uns jedes Jahr, wenn das Graswachstum verlangsamt wird und wir nicht jede Woche mähen müssen. Aber nicht so in diesem Jahr. Wir hatten das ganze Jahr hindurch mehrheitlich genügend Regen und die normalerweise eher trockenen Sommermonate haben uns viele Gewitter beschert – leider auch immer wieder mit starkem Wind und Hagel.
Der Mais in unserer Region hat stark unter den Gewittern gelitten und wir sehen verheerende Hagel- und Sturmschäden. Zudem hat der Krankheitsdruck immens zugenommen und man sieht im Moment kleine Flugzeuge im Einsatz, welche die Kulturen auf den Feldern mit Fungiziden besprühen. Trotzdem geht man davon aus, dass Illinois in diesem Jahr eine sehr gute Mais- und Sojabohnenernte verbuchen können wird, solange das Wetter mitspielt. Rund 4,5 Millionen Hektaren Mais, 4,3 Mio Hektaren Sojabohnen und 263 000 Hektaren Winterweizen sollen laut Bericht des USDA (Amerikanisches Landwirtschaftsdepartement) in Illinois in diesem Jahr geerntet werden können.
Fest für Speisemais
Im Juli und August wird hier Speisemais geerntet. Der Speisemais wird hier im kleinen Rahmen von verschiedenen privaten Gruppen angebaut und dann im Dorf verkauft. Der Anbau ist mit viel Arbeit verbunden. Den Mais am Kolben direkt auf dem Grill zubereiten, mit Butter, Salz und Pfeffer abschmecken – und fertig ist die echte Delikatesse. Diese ist so beliebt, dass sogar eine «Chilbi» im Zeichen des Speisemais durchgeführt wird. Jedes Jahr strömen tausende Besucher nach Westpoint Iowa zum traditionellen «Sweet Corn Festival». Es ist nichts anderes als ein «Märit» oder eine «Chilbi», wie sie auch in der Schweiz durchgeführt werden.
Ich habe in diesem Jahr zum ersten Mal an diesem Anlass teilgenommen. Westpoint liegt auf der anderen Seite des Mississippi, rund 50 Minuten von Carthage entfernt, im Staat Iowa. Der Anlass dauert insgesamt vier Tage und wird mit einer Parade am Sonntag beendet. Seit 68 Jahren schon wird der Speisemais jährlich in Westpoint Iowa ge-feiert. Ich erfahre, dass rund17 Tonnen Speisemais für den Anlass zubereitet werden. Eine für mich unvorstellbare Menge an Maiskolben, welche innert vier Tagen verzehrt werden. Enorm viele freiwillige Helfer steht unermüdlich im Einsatz, denn die Besucher können während der «Chilbi» kostenlos so viel Mais essen, wie sie mögen.
Demnächst Trauben-Chilbi
Für Unterhaltung sorgen verschiedene Musikbands und regionale Tanzschulen. Natürlich dürfen auch die traditionellen Chilbi-Attraktionen nicht fehlen. Jung und Alt treffen sich und geniessen die ausgelassene Stimmung und natürlich den leckeren Speisemais.
In zwei Wochen wird die Wassermelonen-Chilbi in einem anderen Dorf durchgeführt, später im September dann die Trauben-Chilbi im Dorf Nauvoo. Das Erdbeerenfestival findet jeweils früher im Jahr statt. Ihr erkennt den Trend: Wir feiern hier die Ernten der verschiedenen Köstlichkeiten, welche in unserer Region angebaut werden.
Zur Autorin
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Nach dem Agronomiestudium an der HAFL beschloss Melanie (29), ein Praktikum auf Schweinebetrieben in den USA zu absolvieren. Dort lernte sie ihren jetzigen Ehemann Adam Annegers kennen und wanderte 2014 aus. Sie arbeitete zuerst in der Forschung im Schweinebereich und ist nun bei einem internationalen Futtermittelhersteller angestellt. In ihrer Freizeit ist Melanie oft auf dem Hobby-Betrieb (30 Mutterkühe) ihrer Schwiegereltern oder auf der Jagd.