Erster Advent, keine Kerze brennt, dafür surrt der Ventilator über dem Küchentisch, es ist erst zehn Uhr und draussen zeigt das Thermometer bereits 32 Grad. Die Kühe liegen um den Brunnen im Schatten und die Schafe kommen bereits zurück von der Morgenweide.

Mit Freude schreiben für die Bauernzeitung

Meine Gedanken sind in der Schweiz, bei meiner kleinen Verpflichtung, für die BauernZeitung zu schreiben. Dies mache ich mit grosser Freude. Ich frage mich gerade, was sich so alles in den letzten vier Jahren in der Schweiz verändert hat. Damals bin ich mit meinen Kindern ausgewandert, um hier meine Träume zu verwirklichen und meine Kinder auf eine ideale Weise zu erziehen.

Ich überlege, ob sich überhaupt etwas in der Schweiz verändert hat. Wie sind wohl die Milchpreise, wie geht es den Kleinbauern, wie haben sich die Papier- und Computerverpflichtungen entwickelt für die Bauernfamilien? Hat man eingesehen, dass die Bauern- und Bäuerinnenarbeit auf das Feld und in den Stall gehört, anstatt hinter den Computer? Oder ist die Schweizer Agrarpolitik so an die weltweiten Agrarriesen gebunden, dass ein «Bauern» wie früher nicht mehr möglich ist?

Ich will nicht provozieren und viel weniger etwas besser wissen. Ich hänge nur gerade meinen eigenen, persönlichen Gedanken nach und bringe sie ausnahmsweise aufs Papier.

Hohe Futtermittelpreise auch in Übersee

War «Bauern» früher besser? Es gab sicherlich einiges mehr an körperlicher Arbeit. Vielleicht identischer mit weniger Marktdruck. Regionale Vermarktung und Nachhaltigkeit waren automatisch im Alltag integriert, ohne sich um ein Logo kümmern zu müssen. Ich wurde gefragt, ob das Leben als Bauer in Paraguay besser und lukrativer ist.

Ich würde behaupten: nein. Es ist einfach anders. Für meine persönlichen Ideale, Vorstellungen vom Leben, Prioritäten für mich und meine Kinder ist es besser, ja. Beziehungsweise eignet sich Paraguay besser.

Der Strassenmilchverkauf wurde eingestellt

Die Futtermittelpreise steigen unaufhörlich und haben nun, nach der Wintertrockenheit, ein Ausmass erreicht, welches den Milchpreis weitaus übersteigt. Diese Situation geht auch in Paraguay auf die Dauer nicht auf.

Und so haben auch wir unseren Strassenmilchverkauf im April dieses Jahres eingestellt. Mit der Direktvermarktung, dem monatlichen Bauernhofbrunch und einer daraus entstandenen eigenen Käserei haben wir uns an neue Betriebszweige herangewagt.

Die Hoffnung auf eine bessere, ausgeglichenere Wertschöpfung hat sich bald bestätigt und wir gehen sehr dankbar auf das Ende dieses Jahres zu. Es ergaben sich viele tolle Kontakte und spannende Gespräche mit viel Austausch.

Paraguayer(innen) und Europäer(innen)

Viele treue und immer wieder neue Gäste aus verschiedensten Ländern durften wir dieses Jahr auf unserem Bauernhof begrüssen. So kamen durch ein gezieltes Miteinander und gegenseitige Unterstützung der hier lebenden Paraguayer(innen) und ausgewanderten Europäer(innen) verschiedene Ideen und Anregungen zusammen, wie man hier einen Bio-Bauernhof verwirklichen könnte.

Etwas Neues gefunden, ohne zu suchen

Ohne es zu suchen, entstand unsere solidarische Landwirtschaft mit regionaler Direktvermarktung. So bin ich mit meinen Kindern und meinen Idealvorstellungen meinem damaligen Schweizer Projekt nähergekommen. Ab dem ersten Dezember werden wir Biokörbe-Abonnements, angepasst an Einzelpersonen, Pärchen und Familien, anbieten. Sie beinhalten einen Basisinhalt an Brot, Butter, Milch, Eier, Käse und einen solidarischen Beitrag.

Die Körbe enthalten alles, was gerade wächst und gedeiht auf dem Hof. Von selbst hergestelltem Joghurt und Quark bis hin zu Fleisch oder Gemüse und Früchten. Wir sind gespannt auf den Anklang. Wenn es funktioniert, gäbe es uns ein stabiles Einkommen und eine ausgleichende Wertschöpfung unserer Produkte. Wohin auch immer unser Weg gehen wird, wir sind dankbar.

Dankbar für Land und Leute

Dankbar für dieses Land, in dem wir noch freie Bauern und Bäuerinnen sein können, dankbar aber auch für alle Kunden und Gäste, die uns das Leben hier ermöglichen.

Zur Person
Michèle Huber ist gelernte Landwirtin mit Fachrichtung Bio und Permakultur. Ein von ihr initiiertes PRE mit dem Ziel einer neu ausgerichteten regional-solidarischen Landwirtschaft fand Anklang bei Inforama, FiBL und Bio Schwand und wurde sogar vom BLW und Lanat anerkannt und finanziell mitunterstützt. Leider funktionierte die Umsetzung nicht ganz, der Landkauf gelang nicht. Überzeugt von ihren Idealen, gab Michèle Huber nicht auf und startete das Projekt nun im fernen Paraguay.