Wir ziehen um, schon wieder. Bei uns heisst es jetzt wieder einmal packen. Nach knapp einem Jahr am wunderschönen Ootsa Lake müssen wir uns eingestehen, dass wir den Besitzer des Landes falsch eingeschätzt haben. Er hat weder Interesse daran, den landwirtschaftlichen Aspekt seines zirka 500 Hektaren grossen Grundstücks zu fördern, noch hat er das Beurteilungsvermögen dazu, die richtigen Leute für eine gemeinschaftliche Farm auszuwählen.
Interessenten hätte es genug, aber man muss die Wahl schon gezielt treffen und nicht einfach die am meisten verzweifelten Fälle aufnehmen. Natürlich tönte das alles ganz anders, als wir vor unserer Entscheidung standen, hierher zu ziehen.
Eine riesige Kluft in der Bevölkerung
Leider sind Ehrlichkeit, Rechtschaffenheit und Zuverlässigkeit heute für viele nur noch Fremdwörter. Wir merken auch immer mehr, wie riesig die Kluft zwischen Leuten ist, welche in der Landwirtschaft aufgewachsen sind und leben und dem Rest der Population. Früher hatten, zumindest auf dem Land, viele Leute einen grossen Garten und einige Tiere. Heute wollen viele nur noch am Wochenende ausfliegen.
Es gibt schliesslich jegliche Lebensmittel das ganze Jahr hindurch im Laden zu kaufen. Wieso sollte man sich dann die Mühe machen, selbst etwas anzubauen? Eine Folgeerscheinung daraus ist, dass die meisten Menschen kein Pflichtgefühl mehr haben. Dazu kommt die sinkende Arbeitsmoral der Leute. Alles ist ihnen zu viel. Und sieben Tage die Woche arbeiten? Wer will das schon?
Für uns ist die Arbeit kein Fluch oder Zwang, zu dem wir uns täglich hinschleppen müssen. Wir träumen nicht schon am Montag vom Wochenende, weil alles so bedeutungslos und leer ist. Wir machen unsere Arbeit gerne.
«Wir geniessen es, in und mit der Natur zu arbeiten.»
sagt, Alexandra Ruckstuhl über die Arbeit in der Landwirtschaft.
Wir snd sind stolz, eine Arbeit richtig gemacht zu haben, mit minimalem Einsatz das Maximum aus einer Situation herauszuholen. Das bedeutet zwar, dass wir oft mehr Leistung erbringen als andere, aber auf lange Sicht hat sich das für uns bisher immer ausgezahlt.
Wie zum Beispiel auch dieses Mal. Unsere Pläne hier am Ootsa Lake haben sich zwar nicht so entwickelt, wie wir uns das vorgestellt hatten. Aber dank unserer Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und guten Arbeitsmoral können wir uns aus mehreren Möglichkeiten aussuchen, wohin wir von hier aus gehen.
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Eine Festanstellung ist momentan am sichersten
Nach langem Hin und Her und vielen Gesprächen darüber, was in der momentanen wirtschaftlichen Lage überhaupt möglich ist, haben wir uns entschlossen, dass eine Festanstellung momentan das Sicherste ist. Eine Alternative wäre es, zu versuchen, eine Farm zu übernehmen oder als Allrounder selbstständig zu werden.
Also haben wir das Jobangebot für die Manager-Position auf der neuen Farm von Lowe Ranches angenommen. Im vergangenen Frühling hat die Ranch eine 1200 Hektaren grosse Farm im Norden Albertas gekauft, um mehr Sicherheit in der Futterproduktion für die Mutterkühezu gewinnen. Momentan sind 300 Kühe dort oben, die im Mai abkalben werden.
Auf dem 55. Breitengrad hat es viel Wald, hauptsächlich Pappeln
Da wir dort bereits auf dem 55. Breitengrad sind, hat es viel Wald, hauptsächlich Pappeln, mit eher schmalem Stammdurchschnitt. Es wird also noch einiges gerodet, bis genug Futter produziert werden kann. Wir werden Mitte Oktober mit all unseren Tieren und dem gesamten Haushalt zirka tausend Kilometer an die Snipe Lake Farm umziehen.
Wir werden die wunderschöne Southside und die grossartigen Leute, die wir hier kennengelernt haben, vermissen. Seit der Corona-Pandemie sind auch hierdraussen die Grundstückspreise explodiert. Durch die stetigsteigenden Hypothekar-Zinsen macht es momentan einfachkeinen Sinn, etwas zu kaufen.
An abgelegeneren Orten ist gibt es Zusammenhalt
Wir durften aber in der kurzen Zeit hier schon lernen, dass es an den abgelegeneren Orten Zusammenhalt und Gemeinschaft gibt. Wir verlassen diese Gegend in der Hoffnung, dass wir im Norden Albertas wieder gute Menschen kennenlernen, die sich gegenseitig aushelfen.
Ein Bonus ist, dass es in Alberta keine Provinz-Steuer gibt. Das bedeutet, dass der Staat uns nicht bei jeder Transaktion 12 Prozent extra aus der Tasche zieht. So können wir Geld sparen und hoffentlich eines Tages doch noch eine eigene kleine Farm kaufen.