Der Herbst war bei uns eher trocken und für den Raps kamen die Niederschläge fast zu spät. Der Juli war sehr nass und in unserer Gegend hatten wir an 21 Tagen Regen. Für den Weizen war es ideal, der Raps hat sich auch gut erholt und beginnt jetzt zu blühen. Beim Weizen könnte es eine sehr gute Ernte geben. Die Jungs haben diese Saison 100 ha Weizen gepflanzt, wo letztes Jahr Raps angebaut wurde und 75 ha Raps wo letzte Saison der Weizen wuchs.
Grosse Milch-Nachfrage
Die Milchpreise und auch die Schlachtviehpreise haben einen neuen Rekord erreicht. Bei der Milch hat man nun Verträge für ein bis drei Jahre. Der Preis und die Bedingungen werden jedes Jahr festgelegt.
In unserer Gegend herrscht eine grosse Nachfrage nach Milch und gegenwärtig bekommt man 63 Cent pro Liter ohne jegliche Beschränkungen. Trotzdem haben sehr viele Milchbauern das Melken aufgegeben. In unserer Gegend waren früher 25 kleinere Milchbauern und heute sind wir noch drei Bauern – jeder liefert an eine andere Milchfabrik. Metzgkühe über 600 kg kosten heute mehr als 2000 Dollar. Vor fünf Jahren waren wir zufrieden, wenn wir daran 400 Dollar verdienten.
Viehmärkte online
Die Mastkälber, die wir im April und Mai abtränkten, wurden vor kurzem sehr gut verkauft. Leider alles auf einem Online-Markt, da wir aktuell wieder in einem Lockdown sind. Das ist schon das sechste Mal. Die Regierung ist sehr streng. Man befürchtet, dass die Spitäler überfordert werden. Der Impfstoff ist nicht so schnell geliefert worden und es müssen noch sehr viele Leute geimpft werden. Diese Ersteigerungen via Internet sind recht populär geworden. Die Mastkälber wurden fotografiert und die Personen können darauf einen Mindestpreis setzen. Die Fotos sind eine Woche vor der Ersteigerung via Internet sichtbar. Für die Tiere ist das wohl besser, wenn sie nicht über den Viehmarkt zum neuen Besitzer kommen und wir müssen keine Transport- und Versicherungskosten bezahlen.
Alle Branchen betroffen
Viehmärkte sind bei uns zwar immer noch populär, aber mit dem Lockdown sehr eingeschränkt. Vor vier Wochen gab es mehrere Corona-Fälle in der nah gelegenen Stadt Shepparton. Es ist in den Oberstufenschulen ausgebrochen und so mussten Schüler, Eltern und Schulpersonal alle in Isolation gehen. Innert Kürze war ein Drittel der Bevölkerung isoliert. Das hat überall Personalmangel ausgelöst – im Spital, Supermarkt und im Kleingewerbe. Beim Metallbauer im Dorf waren ebenfalls ein Drittel der Arbeitskräfte in Isolation. Auf der Farm sind auch ein Vollzeit- und ein Teilzeitangesteller ausgefallen.
Die Armee wurde aufgeboten, um vor allem beim Transport von Lebensmitteln und bei Covid-Teststellen Hilfe zu leisten. Die Home-Isolation hat 14 Tage gedauert und unterdessen hat sich die Situation wieder normalisiert.
Mangel an Lammfleisch
Den Schlachthöfen im Staat Victoria sind auch wiederum ein Viertel des Personals wegen des Virus gekürzt worden. In dieser Berufsgruppe hat man bereits 95 % des Personals geimpft und so werden nun diese Bestimmung angefochten, denn es könnte besonders beim Lammfleisch grossen Mangel für Weihnachten geben. Man rechnet, dass mehr als 300 000 Schlachtlämmer nicht verarbeitet werden können. Das wird sicher einen Fleischmangel verursachen. Der Konsum an Lammfleisch ist hier sehr hoch und beliebt.
Dank den vielen Niederschlägen im Winter ist der Zufluss zum Stausee für die Bewässerung in der kommenden Saison sehr gut. Er ist jetzt fast zu 80 % voll und der Pegelstand nimmt noch täglich zu. Es wird für den lokalen Tourismus positiv sein, wenn der See voll ist. Spekulanten, die mit dem Bewässerungskontingent handeln, werden ein mageres Jahr haben. Die Landwirtschaft kann sich nach vielen schlechten Jahren erholen.
Zur Person:
1981 wanderten die Autorin und ihr Mann Werner nach Australien aus. Nach unzähligen Farmbesichtigungen kauften sie mit ihren bescheidenen Finanzen eine 50-Hektaren-Milchfarm mit 90 Milchkühen und Jungvieh in Tatura im Bundesstaat Victoria. 1997 bauten sie das erste Melkkarussell. Ihre vier Kinder sind alle dort geboren und zweisprachig aufgewachsen. 1988 konnten sie einen Nachbarsbetrieb kaufen und 2005 die zweite Milchfarm. Dort bauten Langs ein 50er-Melkkarussell. In der gesamten Zeit konnten sie die Farm auf 1250 Hektaren bewässertes Land vergrössern und die Herde wuchs auf 1500 Milchkühe plus Jungvieh an. Am 1. Oktober 2015 übergaben sie den Betrieb den zwei ältesten Söhnen. Diese bewirtschaften alles zusammen. Werner und Josy Lang arbeiten noch immer täglich auf dem Betrieb.