Der Winter naht. Das heisst, in Paraguay wird es kühler bis kalt. Auch wir ziehen bei sinkenden Temperaturen bei 26 Grad schon langärmlige Pullis an. In den Wintermonaten kann es jedoch gut unter 10 Grad werden und auch mal kurzzeitig Bodenfrost geben. Doch im Grossen und Ganzen sind auch hier Klimaveränderungen stark zu spüren. Der Sommer war überdurchschnittlich lange heiss mit ständigen 40 Grad und starker Trockenheit.
Achtung, Papageien!
Trotz der Hitze blieben wir vor grossem Schaden verschont. Nur mit unserem Kürbisanbau hatten wir etwas Mühe diesen Sommer. Mit Freude ernteten wir letzten Monat unseren Mais. Bis auf die Schäden durch Papageien, die in riesengrossen Scharen kommen und gut in zwei bis drei Tagen eine Hektare Mais auffressen können, hatten wir eine tolle, erfolgreiche Ernte.
Die Papageien im Griff zu behalten, bedeutet, täglich einmal und gegen Reifeende sogar stündlich Kontrolle zu machen. Zeigen sich dann die ersten fünf bis zehn Vorbotenpapageien, heisst es sofort alles stehen und liegenzulassen und den Mais zu ernten. Die Ernte erfolgt von Hand, mithelfen tun alle.
Alles wird schön sortiert
Zuerst werden die grössten, schönen Maiskolben zwischen den Reihen in grossen Futtersäcken gesammelt und zusammengetragen. Diese werden in einem späteren Arbeitsdurchgang sortiert. Die helleren werden geschält und danach mit einem Messer von Hand abgepellt und danach für einheimische Nationalspeisen wie Chipagazu (salzige Maiskuchen) verwendet und eingefroren.
Die grossen, schönen Kolben werden als Hühnerfutter aufbewahrt und verfüttert. Ein kleiner Rest davon wird papageien- und hühnersicher an der Sonne aufgehängt und gut durchgetrocknet, um wieder als Saatgut eingesetzt zu werden.
Die Blätter der Maiskolben werden an die Ziegen, Schweine und Pferde verfüttert, die sie mit Genuss fressen. Früher schätzte man die ganz feinen, oft weisslichen Kolbenblätter als WC-Papier, als es noch keines zu kaufen gab. Vielleicht sammelt ja der eine oder andere wieder, um bei einem zukünftigen Hamster-WC-Papier-Kauf nicht mitmachen zu müssen.
Viel Handarbeit ist nötig
Sind im ersten Durchgang alle Kolben der stehenden Maispflanzen gesammelt, wird nun täglich von Hand und mit einer Machete die ganze Pflanze geerntet. Danach wird alles zusammen mit dem Kamerun-Pasto (Elefantengras) gehäckselt und als Grundfutter täglich an die Kühe, Ziegen, Schafe und Pferde verfüttert. Schnell steigt da dann die Milchproduktion an, mit toller Sahne für die eigene Butterproduktion.
Der Kürbis und der Poroto (einheimische Bohnenart), den wir als Bodendecker zwischen dem Mais gepflanzt hatten, sind toll im Grünwuchs. Auch Früchte hat es tolle hervorgebracht, doch fast alle sind von einem unbekannten Käfer verfressen worden, und somit wird auf einer halben Hektare einfach nur Schweinefutter produziert.
Als ich das Leid und Unwissen einem älteren einheimischen Nachbarn erzähle, fragt der uns nur schmunzelnd: «Habt ihr denn bei Vollmond gepflanzt, wie ich Euch das empfohlen hatte?» Hm, nein, das hatten wir aus zeitlichen und organisatorischen Gründen diesmal nicht gemacht. Das letzte Mal hatten wir es so gemacht, und die Ernte war ein voller Erfolg. Das nächste Mal werden wir wieder auf den Vollmond Rücksicht nehmen. Nicht alles wird bei Vollmond gepflanzt, jedoch gedüngt. Und in den Hitzemonaten werden dann Bodendecker ausgesät, die vor Parasitenbefall bewahren sollen.
Alles wird verwertet
Gut, nun sind die Äcker wieder für Saatgut bereit und vorbereitet, nun gilt es auch im Stall wieder, sich für die Wintermonate vorzubereiten und den Rinderüberschuss auszugleichen. Wir haben nun einige Schlachtungen miterlebt auf unserem Hof, und ich bin fasziniert und stehe voll und ganz hinter professioneller Schächtung. Absolut das stressfreiste Schlachten für ein Tier, das friedlich auf dem Hof sein Leben lassen darf. Danach wird alles verwendet, mitsamt Füssen, Kopf, Magen, Innereien inklusive der Därme, die mit Herzensfreude und Dankbarkeit gewaschen und ausgekocht werden.
Die ganze Familie hilft oft mit und freut sich über Knochen und Fleisch. Erstaunlich schnell, sauber und hygienisch wird gearbeitet. Nur das Abhängen kennen sie hier nicht, alles kommt direkt auf den Grill oder in den Gefrierer oder wird verkauft. Jedoch schmeckt das Fleisch so lecker und zart auf dem Grill, man glaubt es kaum, wenn man es nicht selbst probiert.
Es ist eine solche Dankbarkeit der Einheimischen gegenüber dem Tier für ihre Nahrung da, davon könnten noch einige Europäer lernen. Und es gibt so gute Rezepte für alle Innereien und Füsse. Wäre ich in der Schweiz Vegetarierin gewesen, hätte ich mich wohl schnell zum genüsslichen Fleischesser gewandelt.
Zur Autorin
Michèle Huber ist gelernte Landwirtin mit Fachrichtung Bio und Permakultur. Ein von ihr initiiertes PRE mit dem Ziel einer neu ausgerichteten regional-solidarischen Landwirtschaft fand Anklang bei Inforama, FiBL und Bio Schwand und wurde sogar vom BLW und Lanat anerkannt und finanziell mitunterstützt. Leider funktionierte die Umsetzung nicht ganz, der Landkauf gelang nicht. Überzeugt von ihren Idealen, gab Michèle Huber nicht auf und startete das Projekt nun im fernen Paraguay.