Vor vier Jahren waren meine drei Kinder und ich mit Koffern und unserem Kater hier angekommen. Wir hatten weder Land noch wussten wir genau, wohin, geschweige denn, dass wir die Sprache verstehen oder reden konnten. Das Einzige, was wir hatten, war das Vertraute unter uns, unsere Ziele und die Kraft unserer Träume.
Die Sprache der Ureinwohner
Mittlerweile beherrschen wir Spanisch und verstehen einiges der Sprache der Ureinwohner, Guaraní. Wir haben uns Land kaufen können und dürfen heute 6,75 Hektaren als eigenes Grundstück bewirtschaften, dazu kommen etwa 7 Hektaren, die wir unentgeltlich bewirtschaften dürfen, da das Land sonst nicht genutzt würde.
Tierhaltung und Ackerbau zwischen Mandarinen
Haus, Hof und Stallanlage beanspruchen eine halbe Hektare. Dazu kommt eine Mandarinenplantage, eine Hektare Ackerbaufläche, wo wir hauptsächlich eigenes Kraftfutter für unsere Tiere und Gemüse anbauen, und zwei Hektaren, wo wir zusätzliches Grundfutter produzieren. Die restliche Fläche mit Weidekupplungen dient das ganze Jahr als Weideland.
Zurzeit halten wir 28 Kühe für die Milchproduktion und Mutterkuhhaltung, zwei Stiere, acht Rinder und fünf Kälber. Daneben betreiben wir eine Schweineaufzucht, halten Schafe, Ziegen sowie Hühner, Enten, Gänse, Hasen und Wachteln. Dies ist nun unser angewachsener Grundstock seit der Bauernhofgründung am 2. April 2020, der uns die Basis zur Vielseitigkeit in der Produktion lieferte.
Bio stösst auf grossen Anklang
Vor einem Jahr stiegen weltweit die Benzinpreise. Hier in Paraguay noch mehr, da dieses Land noch keinen Preisschutz kennt. Damals mussten wir über die Bücher gehen. Dazu kam, dass die Futterpreise drastisch in die Höhe schnellten, aber die Milchpreise unverändert blieben.
Uns traf es besonders, weil der Milchverkauf auf der Strasse, direkt ausgeliefert an die Endkunden, unsere einzige Einnahmequelle war. So kamen verschiedene Betriebszweig-Ideen dazu, die wir, ohne gross zu überlegen, umzusetzen begannen.
Europäer vermissen das vertraute Essen
Wir versuchten es mit einem monatlichen Bauernhofbrunch, beginnend am Ostersonntag, und erhofften uns damit ein kleines Einkommen, das uns über die Runden bringt. Dank vieler ausgewanderter Europäer, die das vertraute Essen vermissten, kam es zum totalen Erfolg. So durften wir monatlich einen Sonntagsbrunch anbieten und auf unserem Hof 80 bis 100 Gäste bewirten.
Dank diesem Erfolg konnten wir eine kleine eigene Käserei aufbauen. In dieser verarbeiten wir unsere Milch nun täglich zu Käse, Rahm, Butter, Joghurt und Quark. Durch die grosse Nachfrage haben wir einen guten und sicheren Absatz.
«Paraguay ist wie ein Dorf»
Sagt Michèle Huber über ihre neue Heimat.
Und Gäste reisen aus allen Teilen des Landes an. Die Nachfrage nach guten, zuverlässigen Bio-Milchprodukten ist gross. Wir eröffneten deshalb in unserer Käserei einen kleinen improvisierten Hofladen, wo wir unsere Produkte im Direktverkauf anbieten. Mit einem Weihnachtsbrunch schlossen wir das Jahr voller Dankbarkeit ab. Vieles ist gelungen, vieles darf noch weiter entstehen.
Sicherheit in den hergestellten Bioprodukte
So arbeiten wir für drei weitere kleine Betriebszweige. Unsere ersten solidarischen Biokisten-Abos sind unterwegs in verschiedene Regionen des Landes. Wir sind noch auf der Suche nach einer geeigneten Verteilzentrale. Einige andere haben sich bereits ergeben.
Eine kleine Milchshake-Bar
Wir bieten den Kunden Sicherheit und einwandfreie Bioprodukte an. Für uns ist es eine stabile Einkommensquelle. Aktuell bauen wir an unserer Käserei eine kleine Milchshake-Bar mit Gartensitzplatz an, um während der Verkaufstage auch ein erfrischendes Getränk anbieten zu können. Und somit mit unserer Milch eine grössere Wertschöpfung zu erzielen. Wir freuen uns darauf.
Zur Person
Michèle Huber ist gelernte Landwirtin mit Fachrichtung Bio und Permakultur. Ein von ihr initiiertes PRE mit dem Ziel einer neu ausgerichteten regional-solidarischen Landwirtschaft fand Anklang bei Inforama, FiBL und Bio Schwand und wurde sogar vom BLW und Lanat anerkannt und finanziell mitunterstützt. Leider funktionierte die Umsetzung nicht ganz, der Landkauf gelang nicht. Überzeugt von ihren Idealen, gab Michèle Huber nicht auf und startete das Projekt nun im fernen Paraguay.