Milde Temperaturen und Tornadowarnungen bescheren einen etwas anderen Dezember; und Schnee ist auch noch nicht in Sicht. Dies vermiest die Weihnachtsstimmung im Dorf jedoch nicht.

Ungewöhnliches Wetter 

Das Wetter spielt verrückt. Temperaturen von plus 24 Grad C mitten im Dezember und Tornadowarnungen sind nur einige Beispiele dafür. Normalerweise haben wir in dieser Jahreszeit Minustemperaturen und Schnee. Glücklicherweise ist unsere Region mit starkem Wind davon gekommen und wurde von Tornados verschont, aber leider haben Tornados in etlichen Regionen des Mittleren Westens Todesopfer und starke Schäden verursacht. Nur langsam hält der Winter also Einzug und wenn die Wetterprognosen korrekt sind, werden wir in diesem Jahr keine weisse Weihnachten erleben.

Ruhe auf dem Acker

Die Farmer hatten dafür in diesem Jahre genügend Zeit, um die Ernte abzuschliessen und die Felder für den Winter vorzubereiten. Die Acker liegen zum grössten Teil brach und nur vereinzelnd wurden Weizen oder Gründüngungen gesät. Dank der milden Temperaturen war es möglich, auch im Dezember Drainagen zu legen. Ansonsten ist es auf dem Acker auch hier ziemlich ruhig und einige Bauern helfen tatkräftig mit, um das Weihnachtsfest in unserem Dorf vorzubereiten.

Weihnachtliche Festivitäten

Anfang Dezember wird hier in Carthage Weihnachten gefeiert. Alle Geschäfte sind bis um 20 Uhr geöffnet und bieten etwas zum «Schnausen» und Trinken an. Pferde mit Wagen kutschieren Menschen rund um das Dorf, ein Chor singt Weihnachtslieder und sogar der Samichlaus (Santa Claus) ist mit dabei. Viele Besucher(innen) von nah und fern kommen nach Carthage, um daran teilzunehmen.Letztes Jahr wurde das Fest wegen der Corona-Pandemie abgesagt, doch in diesem Jahr strömten Hunderte von Besucher(innen) nach Carthage, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Vielleicht lag es auch daran, dass es ein wunderschöner warmer Abend war und alle den Abend draussen geniessen wollten.

Alles leuchtet 

Ausserdem wurde zum ersten Mal ein Weihnachtslichter-Umzug veranstaltet. Unsere Polizei, Feuerwehr, Ambulanz und viele unserer lokalen Geschäfte haben Autos, Traktoren und Mähdrescher mit Lichtern dekoriert und nahmen am Umzug teil. Das war ein riesen Erfolg und bestimmt der Start einer weiteren Tradition hier in Carthage.

Ugly-Sweater-Wettbewerb

Der Dezember ist vollgepackt mit verschiedenen Anlässen, Märkten und Attraktionen rund um Weihnachten. In unserem Büro feiern wir Weihnachten mit einem von unserer Firma gesponserten Mittagessen und einem Ugly-Sweater-Wettbewerb. «Ugly Sweater» bedeutet so viel wie hässlicher Pullover. Das ist hier in den USA eine weitere Weihnachtstradition. Man trägt einen Pullover, der sehr farbenfroh und lächerlich aussieht. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Die Stimmung im Büro ist ausgelassen und die Anzahl an «Ugly Sweaters» ist beträchtlich. Mein Pullover zeigt ein Schwein mit einem Weihnachtskranz um den Hals und einen Samichlaus-Hut auf dem Kopf. Meine Arbeitskollegin hat den Wettbewerb gewonnen. Sie trug Latzhosen mit aufgedruckten Katzen, die einen Samichlaus-Hut aufhaben, dazu kom-binierte sie eine riesige farbenfrohe Schleife in ihren Haaren.

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Weihnachtsstimmung lässt auf sich warten 

Trotz all dieser Anlässe und obwohl schon seit Oktober in allen Läden weihnachtlich dekoriert wurde, kommt die Weihnachtsstimmung bei Adam und mir in diesem Jahr irgendwie nicht richtig auf. Den Weihnachtsbaum haben wir letztes Wochenende vom Tannenbaum-Farmer abgeholt und zusammen mit Adams Kindern geschmückt. Ansonsten bin ich etwas spät dran mit Guetzli backen und Geschenke einkaufen. Unser erstes Weihnachtsfest mit Adams Familie findet bereits am 23. Dezember statt und ich habe noch einiges zu erledigen.

Was wirklich zählt

Weihnachten erinnert mich stark daran, dass ich diese Zeit weit weg von meiner Familie in der Schweiz verbringe. Speziell in den letzten zwei Jahren mit der Pandemie und dem plötzlichen Tod von Adams Vater wurde uns so richtig bewusst, was zählt. Es sind nicht die vielen Geschenke unter dem Baum, sondern die Momente, die man mit seinen Liebsten verbringen darf. Wir schauen gespannt aufs nächste Jahr. Für uns eine Zeit mit grossen Plänen, die ich hoffentlich im nächsten Jahr mit euch teilen kann.

Zur Autorin

Nach dem Agronomiestudium an der HAFL beschloss Melanie (29), ein Praktikum auf Schweinebetrieben in den USA zu absolvieren. Dort lernte sie ihren jetzigen Ehemann Adam Annegers kennen und wanderte 2014 aus. Sie arbeitete zuerst in der Forschung im Schweinebereich und ist nun bei einem internationalen Futtermittelhersteller angestellt. In ihrer Freizeit ist Melanie oft auf dem Hobby-Betrieb (30 Mutterkühe) ihrer Schwiegereltern oder auf der Jagd.