Von Ende März bis Mitte April nahmen wir uns endlich wieder einmal etwas Zeit für uns und gingen in die alte Heimat in die Ferien. Natürlich ist die Schweiz an und für sich für uns nicht mehr das spannendste Ferienziel, aber wir gehen ja eigentlich, um die Familie zu sehen, und dafür hat sich der Trip gelohnt.

Zeit mit den Liebsten verbringen

Wir durften Nichten und Neffen kennenlernen, die wir noch nie getroffen hatten, und nach 3,5 Jahren endlich wieder einmal unsere Liebsten in die Arme nehmen. Wenn unsere Kinder nach der Rückkehr gefragt wurden, was denn ihr schönstes Erlebnis war in der Schweiz, war die Antwort immer die gleiche: «Mit Cousins und Cousinen Zeit zu verbringen!»

Und genau so soll es unserer Meinung nach sein. Natürlich machten wir auch ab und zu Ausflüge und Unternehmungen, aber ein grosser Teil der Zeit war nicht bis zur letzten Minute verplant, sondern wurde einfach gemütlich miteinander verbracht.

Keine einfache Situation 

So kamen wir denn auch wieder gestärkt und etwas ausgeruhter nach Hause. Leider waren die langen Flüge extrem anstrengend für Josephine, sie litt einige Wochen an starken Schmerzen in den Beinen. Obwohl wir, um sie nicht körperlich zu überfordern, auf der Reise den Rollstuhl dabeihatten, nahm ihre Mobilität rapide ab in dieser kurzen Zeit.

Wir hoffen, dass wir diese Entwicklung wieder rückgängig machen können, aber leider ist das Gesundheitssystem hier extrem überlastet. Und wenn es nicht nur darum geht, Pillen zu verschreiben, sind die meisten Ärzte schon überfordert.

So sind wir mehr oder weniger auf uns selbst gestellt bei der Suche nach passenden Therapien und alternativen Behandlungsmöglichkeiten. Der Ortswechsel führte uns vor Augen, dass unser Leben durch Josephines Einschränkungen doch anders ist als das vieler anderer Familien.

Alle werden integriert, so gut es geht

Zu Hause ist alles so eingerichtet, dass es für Jo einfacher und für alle praktisch ist. Unterwegs ist das natürlich nicht möglich und dann fallen einem all die kleinen Dinge auf, die die Tendenz haben, im Alltag zu verschwinden.

Es rief uns auch wieder in Erinnerung, wie froh wir sind, dass im kanadischen Schulsystem Kinder mit Einschränkungen integriert werden und wie sehr sich die Schule in Valleyview Mühe gibt, damit Jo bei fast allem dabei sein kann.

Nicht nur ist es für die betroffenen Kinder eine gute Sache, so in der Gruppe aufgenommen zu werden, sondern es ist auch für die gesunden Kinder eine sehr wichtige Erfahrung. Es schafft eine tolerantere Gesellschaft und den Unterschied zur Schweiz spürt man im Alltag sehr gut.

Endlich wird das Wetter milder

Dieses Jahr ging die Abkalbesaison Anfang Mai los, ohne Schnee und Kälte und damit wie schon lange angestrebt. Das Wetter ist perfekt, wenn auch etwas auf der trockenen Seite. Es gab bereits die ersten Waldbrände in der Gegend und Teile der Provinzen Alberta und British Columbia sehen schon wieder hohe Feueraktivität.

Ich schreibe diese Zeilen an einem wunderbar regnerischen Tag und wir freuen uns über den sanften, aber stetigen Niederschlag, der nicht nur das Feuerrisiko vermindern, sondern auch dem Futterwachstum einen guten Schub geben wird. Momentan wird noch voll mit Silage und Heu gefüttert und die frisch gekalbte Gruppe kriegt zusätzlich täglich etwas Gerste.

Natürlich wird jedes grüne Grashälmchen erbarmungslos herunter gegrast, aber es hat noch nicht genug Wachstum, um die Kühe voll weiden zu lassen. Erschwerend kommt hinzu, dass wir sie zum Abkalben nicht in die weiter entfernten Weiden lassen können. Zum einen, weil es dann natürlich schwieriger ist, zu sehen, wenn eine Kuh Hilfe braucht beim Kalben, zum andern aber auch, weil dort der Raubtierdruck noch höher ist.

Auch eine Frage des Personals

Wir haben so schon, obwohl die Kühe auf einer Weide direkt beim Hof und auf der offenen Wiese ohne Busch und Wald eingezäunt sind, gerade eben ein frisch geborenes Kalb verloren. Am Morgen war nur noch die ausgehöhlte Karkasse übrig, ob es Wölfe, Kojoten oder gar ein Bär oder Puma waren, ist schwer zu beurteilen.

Leider können weder wir noch die fünf Hunde zu jeder Zeit präsent sein, um solche Dinge zu verhindern. Momentan haben wir zwei Mitarbeiter, welche die Arbeitsbelastung für Markus verringern. Zum einen ist da Paul, der seit letztem September hier ist und den ganzen Winter die Fütterung übernommen hat, und zum anderen seit einer Woche Julia, die mit ihren zwei Pferden und einem Hund den Grossteil der Kalbearbeit übernommen hat. Sie will bis zum Ende der Abkalbezeit bleiben.

[IMG 2]Zur Person: Alexandra Ruckstuhl und ihr Mann Markus sind 2015 zum zweiten Mal aus der Schweiz nach Kanada ausgewandert. Das erste Mal kehrte die Familie zur Behandlung einer lebensbedrohenden Krankheit ihrer ersten Tochter Josephine in die Schweiz zurück, die zum Glück erfolgreich verlief. Nach der Geburt der zweiten Tochter Elena ist Familie Ruckstuhl in ihre Wahlheimat zurückge­kehrt. 2019 ist Sohn Quinn auf die Welt ge­kommen. Seit 2022 wohnen sie in der Nähe des Weilers Sunset House, wo Markus Ruck­stuhl auf einer grossen Farm angestellt ist.