Nachdem der Dezember und der Januar in Kanada extrem mild und angenehm waren, brachte der Februar eine regelrechte Kältefront mit sich. Natürlich genau rechtzeitig zum Start der Abkalbesaison. Eine kleine Gruppe von 24 zugekauften Rindern kalbte zwar schon im Januar, aber die grosse Gruppe von 314 Kühen fing Anfang Februar an zu kalben. Bei Temperaturen um −35°C kommen pro Tag zirka zehn Kälber zur Welt.

Das bedeutet für meinen Mann Markus und seine Mitarbeiter konstante Präsenz bei Tag und bei Nacht. Die Kälber müssen nach der Geburt so schnell wie möglich in den geheizten Teil des Stalls, bis sie abgetrocknet und aufgewärmt sind. Danach müssen sie wieder in die bittere Kälte raus, da der Platz im Stall begrenzt ist. Draussen können sie sich zumindest in den Kälberunterschlüpfen und im Stroh etwas vor der Kälte schützen.

Zu kalt für den Schulbus

Nachts wechseln sich Markus und zwei seiner Mitarbeiter beim Kontrollieren der Kühe ab. Alle zwei Stunden wird ein Rundgang gemacht und die frischgeborenen Kälber werden mit ihren Müttern in eine Box im Stall gebracht. Hin und wieder muss ein Kalb auch gezogen werden. Bisher gab es bereits fünf Zwillingspaare, welche soweit alle gesund und munter sind.

Laut Wetterbericht soll diese extreme Kälte zum Glück nicht allzu lange anhalten. Nach zwei Wochen bei Temperaturen von −20°C und kälter fühlen sich −10°C schon fast angenehm an.
Wenn die Temperaturen unter die −35°C-Marke fallen, holt der Schulbus die Kinder nicht mehr ab. Nicht weil er nicht anlaufen würde, dank Blockheizer funktionieren die meisten Maschinen trotzdem. Es wäre zu gefährlich, falls auf den teils bis zu zwei Stunden langen Schulwegen der Bus stecken bleiben oder ausfallen würde.

Gute Getreidepreise

Da wir nicht allzu weit weg vom Dorf wohnen, fahre ich die Mädels in diesen Fällen zur Schule. Bei so tiefen Temperaturen gehen die Kinder auch nicht mehr nach draussen. Dann wird die Pause gestaffelt geplant und die Kinder können klassenweise, nacheinander in die Turnhalle und sich austoben.
Die Getreidepreise waren im Herbst gut und sind nun auf einem neuen Höchststand angekommen.

Wie lange das anhalten wird, ist jedoch fraglich. Aufgrund der Lockdowns fahren die Schiffe nicht regelmässig und so bleibt das Getreide in den Silos, Bahnwagen und am Hafen liegen. Umgekehrt wird es dafür mit dem Einkauf von Saatgut knapp. Die kommenden Jahre werden in der kanadischen Landwirtschaft daher eine Achterbahnfahrt.

Wir konnten von Freunden ein altes «Mobile Home» übernehmen. Es stand 30 Jahre lang am selben Platz und so waren wir nicht sicher, wie es sich zügeln lassen würde. Zum Glück sind diese mobilen Häuser aber zum Transport gebaut. Nachdem wir alle sechs Reifen flicken liessen ging es nach einiger Vorbereitung los.

Ausbau der Kaninchenzucht

Mit einem Tanklastwagen von Lowes zog Markus den Anhänger auf Kiesstrassen zu unserem Haus. Bei der Überquerung des Highways halfen Kollegen den Verkehr zu lenken, damit es keinen Unfall gibt. Mit einer Gesamtlänge von zirka 25 Metern brauchte der Konvoi etwas länger, um über den vierspurigen Highway zu gelangen.

Nun ist das «mobile Home» in seinem neuen Zuhause angekommen. Wir werden ihn als mobilen Stall einsetzten. Dank Isolation und Holzofen wird es in den kleineren Räumen einfacher sein, Wärme zu erzeugen und sie dort zu halten.

So werden wir die Küken der Mastpoulets und Truthähne angenehm warm halten können, bis sie ausgefedert sind. Die Kaninchen werden wir auch in einem der Zimmer unterbringen. So können wir mehr Würfe pro Jahr haben, da es im mobilen Haus nicht so kalt wird wie im Stall.

 

Alexandra Ruckstuhl

Alexandra Ruckstuhl und ihr Mann Markus sind bereits zum zweiten Mal aus der Schweiz nach Kanada ausgewandert. Das erste Mal kehrte die Familie zur Behandlung einer lebensbedrohenden Krankheit ihrer älteren Tochter in die Schweiz zurück. Nach erfolgreicher Operation der ersten Tochter und der Geburt der zweiten, ist Familie Ruckstuhl in ihre Wahlheimat zurückgekehrt. Mittlerweile sind mehr als drei Jahre vergangen, seit die Ruckstuhls die Schweiz zum zweiten Mal verlassen haben.