Es ist Mitte November und die Hitze nimmt spürbar zu. Komischerweise sprechen wir hier in Mozambik nie über die Temperaturen. Einen Wetterdienst gibt es nicht wirklich, daher stützen wir uns auf unser eigenes Empfinden und beobachten den Himmel. Die Temperatur ist nun gewiss um fünf bis sechs Grad gestiegen und die relative Luftfeuchtigkeit ist auch höher. Die Nächte sind warm und es wird unmöglich, ohne Klimaanlage oder Ventilator zu schlafen. Ein gutes Zeichen, denn das heisst, die Regenzeit rückt näher.
Vorbereitungen für Regenzeit
Männer und Frauen bereiten die Felder vor, damit alles fertig ist, wenn der erste Regen einsetzt. Die Hauptkulturen sind Mais und Bohnen. Sesam ist seit Kurzem eine weitere Erwerbskultur, die immer mehr von den Bauernfamilien angebaut wird. In den trockeneren Regionen und in Küstennähe bauen die Landwirte lieber Sorghum an, da die Pflanze weniger Ansprüche an die Wasserversorgung stellt.
Ohne Wasser kein Gemüse
Auf unserem Hof in der Nähe der Stadt Pemba sind fast alle Arbeiten zum Erliegen gekommen, weil wir kein Wasser mehr haben. Nur ein paar Tomaten- und Gurkenpflanzen konnten wir in unserem 1000 m² grossen Gewächshaus anbauen. Das Wasser dafür holen wir mit einem kleinen Lastwagen aus einem einige Kilometer entfernten Fluss. Es ist sehr schwer, zu dieser Zeit des Jahres ohne den Verkauf von eigenen Produkten auszukommen, denn jetzt beginnen die Preise für Gemüse wieder zu steigen. Glücklicherweise konnte ich aber eine Teilzeitstelle in einer Nicht-Regierungs-Organisation (NRO) annehmen für die Zeit, während wir auf den Regen warten. So bessere ich unser Einkommen ein wenig auf und kann Menschen in Not helfen.[IMG 2]
Hilfe für Flüchtlinge
Seit vier Jahren herrscht im Norden unserer Provinz ein Bürgerkrieg. Dies führte dazu, dass über 800.000 Menschen aus der Region flüchteten. Viele wurden von Verwandten aufgenommen, die weiter im Süden oder in einer anderen Provinz leben. Ein Teil der Menschen hatte diese Möglichkeit nicht und lebt seitdem in Flüchtlingslagern, wo die Verhältnisse oft zu wünschen übrig lassen.
Die meisten Flüchtlinge mussten Hals über Kopf ihr Zuhause verlassen und liessen alles zurück, manchmal sogar verstorbene Familienmitglieder, die bei den Überfällen ums Leben kamen. In den meisten Fällen werden sie von der lokalen Bevölkerung gut aufgenommen. Obwohl diese Menschen selber nicht viel besitzen, helfen sie, indem sie den Flüchtlingen zum Beispiel eine Hacke oder ein Stück Land zur Verfügung stellen, um darauf etwas anbauen zu können. Die NRO, für die ich zurzeit arbeite, unterstützt rund 900 Flüchtlingsfamilien für die nächste Regensaison, indem sie Saatgut und landwirtschaftliche Geräte an sie verteilt.
Brandrodung schädigt Boden
Gemeinsam mit dem Agronomen-Team der NRO biete ich ausserdem eine Grundausbildung in konservierender Landwirtschaft an. Traditionell brennen die Landwirte hier nämlich zunächst ihre Felder ab und bauen danach ihre Kulturen darauf an. Mechanisierung gibt es fast keine, wodurch die Arbeit zur Feldbereitung äusserst mühsam ist. Manchmal müssen die Männer sogar Hunderte von Bäumen mit der Axt roden, um neue Anbaugebiete zu erschliessen. Zwar erleichtert die Brandrodung die Arbeit und die Asche dient als Dünger, aber auf lange Sicht hat diese Form der Bewirtschaftung negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Bodenqualität. Durch das Feuer verringert sich die Bodenfauna und trägt nicht mehr zum Abbau der organischen Substanz bei. Gleichzeitig ist der Boden durch die Zerstörung seiner Bedeckung viel stärker der Erosion ausgesetzt. Die Bodenfruchtbarkeit nimmt so immer mehr ab. Dies hat zur Folge, dass gewisse Gebiete unserer Provinz schon fast nicht mehr kultivierbar sind.
Wassermangel bereits heute Realität
Zusätzlich ist für uns der Mangel an Trink- und Bewässerungswasser bereits eine greifbare Realität, die das Leben der Bauern hier stark bestimmt. Wir erleben es täglich, wenn wir unsere Anbauflächen verkleinern müssen oder wenn zu Hause kein Wasser mehr aus dem Hahn fliesst. Leider haben wir keine wunderschönen Gletscher, die unsere Gewässer das ganze Jahr über speisen. Wir können daher nur auf den Regen warten.
Zur Person
Während meines Bachelor-Praktikums in Mosambik habe ich mich in das Land und in meinen zukünftigen Ehemann verliebt. Anschliessend haben wir beide einen Master an der HAFL in Zollikofen gemacht. Ende 2017 sind wir mit unseren zwei Töchtern nach Mosambik ausgewandert. Nach vielen Zwischenfällen konnten wir ein zehn Hektaren grosses Grundstück in Stadtnähe kaufen. Auf unserem Land bauen wir Gemüse, Mais und Sesam an. Inzwischen hat sich unsere Familie vergrössert. Eine Nichte und ein Neffe arbeiten und leben mit uns auf dem Hof.