Wegen den Abstimmungen am kommenden Wochenende durchleben Schweizer Landwirte und Landwirtinnen im Moment ungewisse Zeiten. Auch hier in Mosambik leben wir aktuell in grosser Unsicherheit. Nicht wegen einer Abstimmung, sondern weil unsere Provinz zunehmenden Bedrohungen ausgesetzt ist. Schon seit drei Jahren erfahren die nördlichsten Distrikte unserer Provinz gewalttätige Angriffe. Ich will mich hüten, diesen Terroristen einen Namen zu geben. Dschihadisten? Shabab-Anhänger? Eigentlich weiss man nicht genau, wer sie sind und was sie wollen. Was gewiss ist: Seither strömen immer mehr Flüchtlinge in unsere Stadt oder in etwas sicherere Regionen ein. Die Zahl der Personen, die aus den Nord-Distrikten flüchten, wird auf 530 000 geschätzt.

Emotionale Belastung

Letzten März fand in der Stadt Palma, in der es ein enormes Gas-Projekt gibt, ein verlustreicher Angriff grösseren Ausmasses statt. Daraufhin haben die meisten ausländischen Unternehmen und auch einige unserer Freunde beschlossen, die Provinz zu verlassen. Dies hat für den Verkauf von unserem Gemüse Folgen, denn die Hotels sind nun leer und in den Läden hat es weniger Leute. Unsere Töchter gehen auch nicht mehr in die Schule, weil ihre Lehrer fortgezogen sind. Dazu kommt der emotionale Stress, mit dem man zurechtkommen muss. Man wartet immer auf den nächsten Angriff und fragt sich, wo er stattfinden wird. In welcher kleinen Stadt im Norden? Oder sogar in unserer Stadt, der Hauptstadt der Provinz?

Unter diesen Bedingungen ist es schwierig, die Saaten für die nächste Ernte zu planen, wissen wir doch nicht genau, ob unser Hof, wir selbst und unsere Kunden noch da sein werden, wenn es darum geht, zu ernten und das Gemüse zu verkaufen.

Rückzug in die Schweiz

Aber wir dürfen uns nicht beklagen, denn wir haben das unglaubliche Glück, einen Rückzugsplan in die Schweiz zu haben, sollte die Lage völlig ausarten. Diese Chance haben die halbe Million Flüchtlinge nicht. Diese Menschen leben grösstenteils von der Landwirtschaft oder von der Fischerei. Die meisten von ihnen finden sich nun ohne Land wieder und ihre Situation für das kommende Jahr ist prekär. Die humanitäre Hilfe macht, was sie kann, um der Bevölkerung beizustehen, doch der Bedarf ist gross.

Im Moment fühlen wir, dass wir hier bleiben müssen. Wir versuchen, die Situation zu analysieren, indem wir uns auf Tatsachen stützen und nicht auf Gerüchte. Aus Angst trifft man oft schlechte, überstürzte Entscheide. Aber je nachdem, wie sich die Situation entwickelt, werden wir vielleicht schweren Herzens gezwungen sein, radikalere Entscheide zu treffen. Wir wollen aber glauben, dass wir in irgendeiner Weise auch eine Hoffnungsbotschaft übermitteln können. Wer weiss, vielleicht können wir in Zukunft unsere Kapazitäten und Kenntnisse besser einsetzen, um in dieser humanitären Krise zu helfen?

Gute Momente geniessen

Wir sehen auch Hoffnungszeichen. Froh sind wir, weil wir trotz allem unser erstes Gemüse der Saison verkaufen können. Parallel zur Arbeit auf unserem Gut habe ich auch einen Consulting-Auftrag. Er besteht darin, bei der Verbesserung der Produktion, der Verarbeitung und des Marketings einer lokalen Kaffeeproduktion zu helfen.

In dieser Zeit geniessen wir umso mehr die einfachen, glücklichen Momente des Lebens wie zum Beispiel ein Familien-Picknick am Strand. Wir profitieren von diesen Momenten und hoffen, dass es noch viele davon geben wird. Helene Besson

Während meines Bachelor-Praktikums in Mosambik habe ich mich in das Land und in meinen zukünftigen Ehemann verliebt. Anschliessend haben wir beide einen Master ander HAFL in Zollikofen gemacht. Ende 2017 sind wir mit unseren zwei Töchtern nach Mosambik ausgewandert. Nach vielen Zwischenfällen konnten wir ein zehn Hektaren grosses Grundstück in Stadtnähe kaufen. Auf unserem Land bauen wir Gemüse, Mais und Sesam an. Inzwischen hat sich unsere Familie vergrössert. Eine Nichte und ein Neffe arbeiten und leben mit uns auf dem Hof.