In der Landwirtschaft wartet man ja des Öfteren mal auf Regen, aber so verzweifelt wie Ende Mai haben wir noch nie nach Regenwolken Ausschau gehalten.

Nach Wochen des Bangens mit ständigen Notfall-Benachrichtigungen, neuen Evakuationen und immer wachsenden Waldbränden kam in der letzten Maiwoche endlich eine erlösende Regenfront.

Wieder frei atmen

In zwei Tagen regnete es etwa 60 mm, was die unermüdliche Arbeit der Feuerwehrleute unterstützte, welche seit Wochen versuchten, Tausende Hektaren Waldbrände einzudämmen. Mit dem Herunterwaschen des Rauchs durch den Regen wurde auch ein Teil unserer Angespanntheit weggespült.

Es ist ein grosser emotionaler und körperlicher Stress, wenn man tagelang im dichten Rauch sitzt und auch nachts keine saubere Luft atmen kann. Halsschmerzen und Kopfweh waren an der Tagesordnung.

Es brauchte zwar noch einige weitere Regentage, bis die Lage wirklich stabil war, aber zum Glück kriegten wir im Juni einige gute Schauer. Mittlerweile sind die Feuer in unserer Gegend unter Kontrolle oder ganz aus. Und als Bonus – wobei nicht wirklich nebensächlich – fing das Gras endlich an zu wachsen!

Zu wenig Zaun, zu viel Kuh?

Nun, da die Kühe auf der Weide sind, heisst es: Zäune flicken, und das nicht zu wenig! Leider sind die meisten Zäune in schlechtem Zustand. Vielerorts wird der Stacheldraht mehr von eingewachsenen Bäumen und Weidenbüschen hochgehalten als von Pfählen.

Auch wenn wir keinen Vollzeit-Mitarbeiter anstellen konnten, ist es uns doch gelungen, einige Praktikanten zu finden, und wir hatten Glück, dass wir arbeitswillige, selbstständige und angenehme Leute gefunden haben.

Leider ist das aber nur eine temporäre Lösung und die Suche nach einem passenden Vollzeit-Angestellten läuft noch immer.

Bis wir hoffentlich jemanden finden, sind wir jedoch dankbar für die Extra-Hände, welche fleissig mithelfen, zum Beispiel beim Aufstellen temporärer Elektrozäune an Stellen, wo noch kein Zaun steht. Mit dem Razor Grazor fällt das etwas leichter. Es ist ein mobiles Solar-Zaungerät, welches über 100 km hinweg ein dickes Kunststoffseil mit eingeflochtenen Metalldrähten mit bis zu 10 kW Strom versorgt.

Im Wald sind die Böden jedoch stellenweise so weich und torfig, dass die Pfähle kaum stehen bleiben. Wir hoffen, dass die Zäune trotz Improvisation einigermassen halten und wir nicht den ganzen Sommer den Kühen nachrennen müssen.

Der hilfreiche Biber

Eine weitere Herausforderung ist es, auf insgesamt 1600 Hektaren Land eine mehr oder weniger saubere Wasserquelle für die unterschiedlichen Weiden zu finden. Wir sind dabei auf die Hilfe der Biber angewiesen, denn sie stauen Wasser und formen mit ihren nicht ganz dichten Dämmen Bäche.

Andernfalls würde das Wasser zu schnell ablaufen, anstatt langsam zu versickern. Sie sind also neben dem Formen von Tümpeln auch hilfreich bei der Bewässerung, und so ist es meist üppig und Grün um die Biberteiche.

Zum Teil hat es aber auch von Menschen angelegte Teiche, sogenannte «Dug outs», aus denen wir mit einer Solarpumpe Wasser in die Tränke pumpen können. Dafür müssen die Teiche aber mit Maschinen gut erreichbar sein, was nicht immer der Fall ist. Die Kühe müssen sich definitiv ein Stück weit selber zu helfen wissen und in der Lage sein, das Wasser selbstständig zu finden.

Künftig hoffentlich mehr

Nächstes Jahr sollten wir mehr Grasland zur Verfügung haben, da die Mulcher bereits 40 Hektaren gemulcht haben und voraussichtlich bis Ende Jahr noch einiges mehr schaffen werden. Momentan stehen die Maschinen aber still, denn mit 7,5 Tonnen Gewicht von den «Seppis» allein liegt nicht viel drin, wenn es nass ist.

Wir mussten bereits die Hilfe des Bulldozer-Fahrers in Anspruch nehmen, um den Fendt 1038 mitsamt «Seppi» aus dem nassen Torf zu ziehen. Der John Deere 8630 und der selbstfahrende Düngerstreuer mit Saatguttank zusammen hatten es nicht geschafft, die Maschine aus dem Dreck zu ziehen.

Zirka 30 Hektaren des frisch gemulchten Landes sind mit einer Mischung aus Getreide und Erbsen, mit einer Untersaat für Gras und Klee eingesät. Die Kühe sollten dort im Herbst noch etwas Futter finden können.

Zur Person

[IMG 2]Alexandra Ruckstuhl und ihr Mann Markus sind 2015 zum zweiten Mal aus der Schweiz nach Kanada ausgewandert. Das erste Mal kehrte die Familie zur Behandlung einer lebensbedrohenden Krankheit ihrer ersten Tochter Josephine in die Schweiz zurück, die zum Glück erfolgreich verlief. Nach der Geburt der zweiten Tochter Elena ist Familie Ruckstuhl in ihre Wahlheimat zurückge­kehrt. 2019 ist Sohn Quinn auf die Welt ge­kommen. Seit 2022 wohnen sie in der Nähe des Weilers Sunset House, wo Markus Ruck­stuhl auf einer grossen Farm angestellt ist.