Aus bisherigen Erzählungen erfuhr ich, dass die lokale Landjugend in Slowenien sehr aktiv sei. Im Gegensatz zu Costa Rica scheint das Arbeiten auf den Höfen mit dem in der Schweiz vergleichbar zu sein. Da ich, abgesehen von Kindheitsjahren, nicht so viel Arbeitserfahrung in der Landwirtschaft gesammelt habe, dachte ich mir, dass das durchaus interessant werden kann.

Moderner Agrotourismus in Ljubljana

Das Abenteuer beginnt in einem Zug mit Schlafabteil ab Zürich. Eine Zwölf-Stunden-Reise bis nach Ljubljana ist angesagt. Mein erstes Mal im Nachtzug und direkt völlig überzeugt. Es gestaltet sich viel angenehmer, als Stunden in unbequemen Flug- oder Bussitzen zu reisen.

Meine erste Gastfamilie scheint dann direkt sehr modern und hat einen neugebauten Laufstall mit Melkroboter und eigener Käserei. Wie ich erfahre, ist das Stalltor in dieser Höhe eine Sonderanfertigung. Wieso dies nötig ist, habe ich direkt am dritten Tag erfahren: Bei meiner Morgenroutine, welche aus der Fütterung der Kälber besteht, wurde ich plötzlich von einem Reisecar überrascht, welcher mitten durchs Tenn fuhr.

Die Insassen, eine Gruppe von Pensionären aus Ljubljana, hatten sichtlich Freude, neben all den Tieren auch noch einen überforderten jungen Mann beobachten zu können. Nach der kurzen Durchfahrt ging es für die Reisegruppe weiter zur eigenen Käserei, um diverse Hofprodukte zu degustieren. Und so konnte ich meine Arbeit in Ruhe vollenden.

Unkooperativen Kühen am automatischen Melkstand

Als Technikfreak war ich von Beginn an ziemlich interessiert am Melk- und Zuschieberoboter. Ich musste jedoch immer öfters feststellen, dass mit einigen unkooperativen Kühen der ganze Nutzen der Anlage verloren geht und wir meistens längere Zeit im Stall benötigten als früher zu Hause mit dem «traditionellen» Melkstand.

Wie ich bereits im Voraus gewarnt wurde, kommt in Slowenien auch die Nacht nicht zu kurz. Abends ging es jeweils in verschiedene Schnapskeller der Nachbarhöfe und an die berüchtigten Veselicas. Dies sind ländliche Volksfeste, meist von der örtlichen Feuerwehr organisiert.

Am Ende einer Veselica geht es oftmals spontan noch weiter, um die verbleibenden Stunden bis zur morgendlichen Stallarbeit komplett auszunutzen. Der Schlaf kam daher in den ersten Wochen meines Slowenien-Abenteuers definitiv zu kurz.

«Der Fuhrpark war umfangreicher als gedacht»

sagt Felix Helfenstein über seinen Gastbetrieb. 

Nach vier Wochen ging es in eine neue Gastfamilie nahe der ungarischen Grenze im Osten von Slowenien. Auf dem Gemüsehof lief alles ein wenig anders ab, aber nicht minder interessant. Der gesamte Fuhrpark dort ist erheblich umfangreicher, wird aber leider nicht sehr sorgfältig gewartet und scheint sehr in die Jahre gekommen. Aber auch mit den vorhandenen alten Maschinen funktioniert das Setzen und Ernten der Kartoffeln noch gut.

Ich bekam dort die Möglichkeit, einen Mähdrescher zu fahren. Was nach einem holprigen Start, aufgrund von Sprachschwierigkeiten, schnell funktionierte und mir sehr viel Freude bereitete. Die Familie hat seit vielen Jahren zusätzlich CBD-Hanf als vielfältige Nutzpflanze entdeckt.

Nach heftigen Diskussionen mit der Polizei in den Anfangsjahren sind die diversen Produkte mittlerweile weit herum gefragt. Aufgrund meines kurzen Aufenthalts von nur einer Woche bei dieser Familie verpasste ich leider den wöchentlichen Marktverkauf der gesamten Produktion.

Gemütlicher Ausklang im Kräutergarten

In meiner letzten Woche kam ich noch bei einer ehemaligen Profibasketballerin unter, welche sich nun der Kräuterkunde verschrieben hat. Hier fand ich meine erste Gastgeberin, welche älter war als ich, und habe somit meine letzten Tage in Slowenien etwas ruhiger verbracht. Zum Beispiel mit einem guten Buch und mit vielen interessanten Gesprächen über Gott und die Welt inmitten des Demeter-Kräutergartens.

Ein Dankeschön für die Chance

Ein Dank an IFYE-Swiss für die Ermöglichung eines weiteren Austauschs. Ein Erlebnis, das ich allen jungen Menschen mit Interesse an der Landwirtschaft weiterempfehlen kann.

Zur Person
Felix Helfenstein (28) wuchs in Emmen LU in einer Bauernfamilie auf, welche schon früh als Gastfamilie junge Leute vom Verein IFYE (Inter­national Farm Youth Exchange – Internatio­naler Landjugendaustausch) aus aller Welt beherbergte. Nach einer Lehre als Zimmermann und der Weiterbildung zum technischen Kaufmann wechselte Felix Helfenstein beruflich in die Bereiche Projektplanung und Finanzierung. 2017 erlebte er seinen ersten IFYE-Austausch in Costa Rica und ist seitdem ehrenamtlich Kassier von IFYE Schweiz.