Während es in der Schweiz kalt ist und teilweise Schnee liegt, stellen uns hier in Paraguay die andauernde Hitze um die 40 ºC und fehlender Regen vor grosse Herausforderungen – und dennoch wagten wir es, Ende Januar Mais und Poroto, eine geliebte einheimische Bohnenart, anzusäen.
Kein Regen bei Vollmond
Als die zwei Ochsen begannen, die pickelharte Erde auf unserer Ackerfläche zu pflügen, hatte man das Gefühl, in einer Sandwüste zu sein. Die Sonne brannte rücksichtslos und jede halbe Stunde brauchten Vieh und Bauer eine Pause. Nach gut drei Stunden war die Fläche einer halben Hektare umgepflügt – kein Vergleich zur maschinellen Landwirtschaft, jedoch 100 Prozent bodenschonend.
Der angemeldete Regen kam nicht. Wir warteten geduldig, bis wir uns nach einem ersten kleinen Gewitter wagten zu säen – hat doch der Wetterdienst in den nächsten zwei Tagen mit 40-prozentiger Wahrscheinlichkeit Regen gemeldet.
Es war nun Ende Januar und Vollmond. Und die hiesige Bauernregel, dass es um Vollmond nie regnet, weil dieser alles Wasser zu sich zieht, bewahrheitete sich – es blieb weiterhin trocken, staubig und heiss.
Neue Ideen bei der Siesta
Die Hitze verlängerte unsere tägliche Siesta. Das nutzten wir und brüteten Ideen für neue Betriebszweige aus. Unsere solidarischen Biokisten fanden Anklang und trotz ersten Schwierigkeiten mit der Kühlkette fanden wir neue, treue Kunden in den umliegenden Gebieten.
Da wir immer wieder angefragt wurden, unser Wissen und unsere Erfahrungen weiterzugeben sowie auch vor Ort auf unserem Grundstück beratend zu wirken, entstand eine neue Idee: Eine deutsche Grafikerin und Webdesignerin unterstützte uns, indem sie professionell darstellte, was wir tun.
So sind wir mit einem neu überarbeiteten, eigenen Infokanal auf der App Telegram, welche hier fast alle Eingewanderten benutzen, unter «Bio Bauernhof Paraguay» zu finden. Dort werden fortlaufend unsere neuen Events, Angebote und Produkte angepriesen und man findet Infos über unsere Familie und die Philosophie unseres Hofes.
Nächtliche Aktionen gegen die Blattschneider-Ameisen
Endlich kam dann auch der ersehnte Regen. Nicht viel und ausgerechnet bei uns fast nie so richtig, doch es gab immer wieder einen kleinen Nieselregen und etwas Nachtfeuchtigkeit, was unseren ersten Mais und die eingangs erwähnten Poroto toll gedeihen lässt. Seit ein paar Tagen blühen der erste Mais wie auch die Bohnen.
Bald werden die Papageien kommen. Bis dahin halten wir die grossen Blattschneiderameisen in Schach. Sie kommen in grossen Scharen daher und fressen in einer einzigen Nacht gut eine Viertel Hektare zu Boden. So ist hier im Bioanbau ein nächtlicher Kontrollrundgang unerlässlich, um sie mit Seifenwasser in Schach zu halten.
Bio-Zertifizierung lanciert
Ein weiteres laufendes Projekt von uns, wofür wir angefragt wurden, ist, bei einer professionellen Bio-Zertifizierung der Bauernhöfe in Paraguay mitzumachen, um auch hier den Bioanbau mit seinen Vorzügen bekannt zu machen – in einem Land, in dem man noch Glyphosat in fast jedem Einkaufscenter bekommt.
Das Logo und ein 60-seitiges Handbuch zur Bio-Zertifizierung sind schon fertiggestellt sowie Zertifizierung und Kontrollvorgang bewilligt. Fehlt noch eine obligatorische, zweitägige Schulung, um danach mit gemeinsamen Pionieren den eigenen Hof zu zertifizieren und die Produkte mit dem neuen Label zu versehen: Eco-Agro-Naturalmente.
Freier und authentischer leben und bauern
Wir freuen uns darauf und fühlen uns dankbar, helfen zu dürfen, den Bioanbau in Paraguay zu verbreiten, um dieses noch so schöne Land nicht nur den Giften der weltweiten Agrarriesen zu überlassen. Auch wenn uns die Schweizer Berge immer mal wieder fehlen, sind wir immer wie dankbarer, den Schritt hierher gewagt zu haben, um etwas freier und authentischer leben und bauern zu können.
Zur Autorin
Michèle Huber ist gelernte Landwirtin mit Fachrichtung Bio und Permakultur. Ein von ihr initiiertes PRE mit dem Ziel einer neu ausgerichteten regional-solidarischen Landwirtschaft fand Anklang bei Inforama, FiBL und Bio Schwand und wurde sogar vom BLW und Lanat anerkannt und finanziell mitunterstützt. Leider funktionierte die Umsetzung nicht ganz, der Landkauf gelang nicht. Überzeugt von ihren Idealen, gab Michèle Huber nicht auf und startete das Projekt nun im fernen Paraguay.