Die vermeintlich ruhigere Zeit des Jahres hält Einzug. Bald sind die letzten Arbeiten im Freien abgeschlossen und nur noch die Rinder und die Galtkühe sind draussen, während alle anderen Tiere eingestallt sind.

Funktioniert es auch bei den Rindern?

Unser Tagesablauf dreht sich zurzeit vor allem um die Rinderbesamung. Mathieu und ich haben beide diesen Sommer den Kurs zur Eigenbestandsbesamung absolviert. Seit Juli besamen wir die Kühe selber und haben auch schon mehrere bestätigte Trächtigkeiten.

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Doch nun ist unsere erste Rindergruppe alt genug zur Besamung und wir sind nervös, ob wir die richtige Samenablagestelle auch bei den Rindern finden werden, wo alles kleiner und enger ist. Bis an Weihnachten sollten idealerweise alle 14 Rinder trächtig sein. Dreimal pro Tag fahren wir zur Rinderweide und beobachten die Tiere. Der Park aus Panels und dem Behandlungsstand zum Fixieren der Rinder ist bereits seit September aufgebaut.

Endlich ans Werk – wird es gelingen?

Die ersten zwei Wochen waren frustrierend, da wir nicht eine einzige Brunst entdeckt haben. Und dann endlich war der Tag da und ich konnte mich an meine erste Rinderbesamung wagen. Ich traute meinen Händen fast nicht. Nach gefühlt einer halben Minute hatte ich bereits den passenden Ort gefunden und das Rind war besamt. Wahrscheinlich war es Anfängerglück, aber auch die folgenden Besamungen verliefen zügig und frustfrei.

«Ich traute meinen Händen fast nicht.»

Lena Junker über ihre erste Rinderbesamung.

Dies ist nun bereits fünf Wochen her. Leider war meine erste Besamung kein Volltreffer. Die folgenden zwei Besamungen, eine von Mathieu und eine von mir, jedoch vermutlich schon. Keine rückkehrende Brunst seit mehr als drei Wochen – das motiviert uns für die nächsten Rinder. Was mich ausserdem besonders freut, ist, dass wir die Rinder bald einstallen und nicht mehr bei Wind und Regen draussen besamen müssen. Eine Hand ist zwar «an der Wärme» während der Besamung, die andere friert jedoch bitter im Novemberwind.

Kampf um sauberes Futter und gegen die Maulwürfe

Nach dem Einstallen gilt es noch, die letzten Parzellen zu mulchen und zu güllen, bevor die maschinellen Feldarbeiten ganz abgeschlossen sind. Uns bleibt jedoch eine Menge Arbeit zu Fuss, da bald die Fortpflanzungszeit der Maulwürfe beginnt. Dadurch werden sie besonders aktiv und graben grosse Tunnelsysteme, um einen Partner zu finden.

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Die grossen Maulwurfhaufen stören nicht nur die Grasernte, auch die Mäuse können die vorgefertigten Tunnel der Maulwürfe nutzen und sich noch schneller verbreiten. Maulwürfe sind ein echtes Problem in unserer Region. Es gibt sogar staatliche Entschädigungen in schlimmen Jahren und es gibt Informationsanlässe und Ausbildungen zur Bekämpfung. Maulwürfe sind fast blind und riechen deshalb extrem gut, weshalb sie Fallen und auch Gift geschickt umgehen können.

Die effizienteste Methode ist deshalb die Verwendung von Gas. Das geruchlose PH3 bringen wir mit Lanzen in kleinen Pulverkugeln in die Tunnel der Maulwürfe ein. Werden die Kugeln nass, wird das Pulver zu Gas und verbreitet sich in den Gängen. Den richtigen Zeitpunkt zu treffen, ist deshalb wichtig. Geht man bei Vollregen, bekommt man selber eine Ladung Gas ab, was auch für Menschen sehr giftig ist. Bringt man die Kugeln zu früh vor dem Regen aus, zersetzen sie sich langsam und das Gas ist zu wenig konzentriert.

Viel Platz für das Wild und grosse Schäden im Feld

Nicht nur Mäuse und Maulwürfe geniessen das Buffet auf unseren Feldern, sondern auch jede Menge Wild. Das Departement Puy-de-Dôme ist deutlich dünner besiedelt als die Schweiz und dementsprechend gibt es hier viel Platz für Wild. Reh, Fuchs, Hase, Dachs, Hirsch und Wildschwein fühlen sich sehr wohl und wir sehen sie praktisch täglich oder zumindest die Schäden, die sie hinterlassen.

«Wir müssen ganz auf die Jäger in unserer Region vertrauen.»

Weder Lena Junker noch ihr Partner Mathieu gehen auf die Jagd.

Vor allem die Wildschweine setzten unseren Weiden zu und auch die Dachsbauten in den Feldern sind ärgerlich. Jedoch sind weder ich noch Mathieu Jäger. Wir müssen ganz auf unsere Jäger in der Region vertrauen. Vielleicht wäre dies ein Projekt für die nächsten Jahre. Jetzt konzentrieren wir uns jedoch zuerst auf unsere Hauptaufgaben auf dem Hof und hoffen, dass wir den Maulwürfen Herr werden und die Rinder rasch trächtig werden.

Zur Person

Lena Junker hat Agrarwissenschaften an der ETH Zürich studiert. Danach hat sie in der Schweiz für eine Futtermittelfirma gearbeitet, bis sie Ende 2022 nach Frankreich ausgewandert ist. Gemeinsam mit ihrem Freund Mathieu ist sie auf dem Betrieb von Michelle und Christian Agay angestellt, den die beiden per 2024 übernehmen wollen. Der Betrieb liegt im Massif Central auf 850 m ü. M., umfasst 96 Hektaren und  65 Milchkühe mit Aufzucht. Die Milch wird an die regionale Molkerei verkauft, wo der AOP-Käse Bleu d’Auvergne hergestellt wird.[IMG 4]