Der nasse Sommer lässt die Getreideerträge in Norddeutschland unterdurchschnittlich ausfallen. Dafür ist es um den Futterbau in diesem Jahr gut bestellt.

Die Siebenschläfer-Bauernregel

«Wie das Wetter am Siebenschläfer sich verhält, ist es sieben Wochen lang bestellt», besagt die Bauernregel des Siebenschläfers. Und tatsächlich bereitete das Wetter vom 27. Juni der frühsommerlichen Trockenheit ein Ende und zog sich mehr oder weniger über die besagten sieben Wochen hin.

In der Pressemitteilung des Deutschen Bauernverbandes erklärt Joachim Rukwied, Präsident des Verbandes: «Ein nasses Frühjahr, gefolgt von Trockenheit im Mai und Juni und eine ständig durch Niederschläge unterbrochene Ernte stellen Deutschlands Bauern in diesem Jahr vor gewaltige Herausforderungen.»

Prächtige Grasbestände

Unsere Grasbestände entwickelten sich durch die überdurchschnittlichen Niederschlagsmengen von 125 l/m2 (das Mittel liegt bei 73 l/m2 für Niedersachsen) allein im Monat Juli 2023 prächtig und äusserst blattreich. Als sich dann Mitte August die Wetterlage endlich etwas stabilisierte, konnten wir einen 3. Schnitt ernten, der mengenmässig gut mit dem 1. Schnitt mithalten konnte.

[IMG 3]

Die Berge fehlen in Butjadingen

Übrigens sind unsere Besucher aus der Heimat immer wieder erstaunt darüber, dass der durchschnittliche Jahresniederschlag für Butjadingen mit 750 l pro Jahr nicht, wie vielleicht durch die Meeresnähe erwartet, gigantisch hoch ausfällt. Für mehr Niederschlag fehlen uns hier in diesem «platten Land» schlichtweg die Berge, an denen sich die Wolken «ausregnen» können.

Während mich diverse Erntebilder, später sogar bereits Bilder von der Rapsaussaat, aus der Schweiz erreichten, war hier im Norden an Dreschen nicht zu denken. Hier oben, auf der «Jungen Marsch», also, da wo die Deichlinie jüngst (wobei dies auch bereits wieder rund 200 Jahre her ist) in Richtung Nordsee versetzt wurde, um Land zu gewinnen, ist Ackern bzw. Getreideanbau eher möglich. Die Böden sind fruchtbar, doch ist durch den hohen Tongehalt häufig die Befahrbarkeit der limitierende Faktor. Früher wurden hier auch Rüben, Kohl und teilweise Kartoffeln angebaut. Die Ernte war «dreckig», aber machbar, da keine schweren Maschinen vorhanden waren und praktisch alles in Handarbeit verrichtet wurde.

Die Getreideernte fiel ins Wasser

In diesem Sommer fiel die Getreideernte sprichwörtlich ins Wasser: Zu nass waren die tonreichen Böden und das Getreide durch die Regenfälle zu klamm. Das reife Getreide wurde vielerorts erst schwarz, dann wieder grün. Erst mit der Änderung der Wetterlage Mitte August konnten Gerste, Raps und Weizen geerntet werden.

Bei der Getreideannahmestelle im Dorf wurde das ausgewachsene Getreide für den Transport zur Biogasanlage aufgehäuft. Auch die Rapserträge sind durch die ungünstigen Bedingungen in der Blüte unter dem Durchschnittsertrag.

Tiefe Getreideerträge

Bis auf 3 ha Futterweizen produzieren wir ausschliesslich Grundfutter für unsere Milchkühe bzw. deren Nachzucht, weshalb wir von der nicht allzu gut ausgefallenen Weizenernte weniger betroffen waren.

Während unsere Erträge in den Vorjahren 10 Tonnen pro ha oder mehr waren, lieferten wir dieses Jahr «nur» gerade einmal 7,9 t/ha ab.

Für trockene Ware (also mit maximal 15 % Feuchtigkeit) erhält man den vollen Preis von Fr. 18.65/dt. Der grüne Teppich, der bei der Ernte sichtbar wurde, hat in erster Linie weder etwas mit einer Untersaat noch mit einer verpassten Herbizidbehandlung zu tun. Stattdessen handelt es sich dabei um ausgefallenen, wieder aufgelaufenen Weizen.

Mit dem Weizenanbau soll nun erst mal Schluss sein. Timo, der vom «Hobby»-Getreideanbau des Altbauern nicht viel hält, will den Weizen ganz aus unserer Fruchtfolge verbannen und stattdessen lieber Erbsen-Triticale für GPS ausprobieren. Die letzten Jahre der Trockenheit und der damit verbundenen Futterknappheit sind bei uns noch gut in Erinnerung. 

Zur Person: Sandra Hussmann hat an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) Agronomie studiert und ist an die deutsche Nordseeküste ausgewandert. Dort wohnt und arbeitet sie mit ihrem Mann auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Henrik und Rita Wefer. Zum Betrieb gehören 90 ha Grünland und 25 ha Ackerland. Der Tierbestand umfasst 130 Holstein-Milchkühe und eine ebenso zahlreiche weibliche Nachzucht. Ausserdem arbeitet sie als Beraterin teilzeitlich bei landwirtschaftlichen Innovationsprojekten mit.[IMG 2]