Der norddeutsche Sommer hat es dieses Jahr überhaupt nicht eilig. Der April war kalt und trocken. Auch der Mai war relativ kühl und es verging kaum ein Tag ohne Niederschlag. Dank diesem sind die Wiesen und Weiden gut gewachsen. In durchschnittlichen Jahren ernten wir hier vier Schnitte, der erste steht meist Mitte Mai an. Das sogenannte «Ackergras», Kunstwiese mit Italienischem Raigras – oft in Reinsaat –, hat die Schnittreife schon längst überschritten und reicht mir fast bis zur Hüfte.
Der Wiesen-Fuchsschwanz, der das teilweise Jahrhunderte alte Grünland dominiert, steht ebenfalls in voller Blüte. Er ist für die kühlen, feuchten Bedingungen und die nährstoffreichen Böden hier an der Nordseeküste typisch.
Dünne Gülle für das Grünland
Obwohl der erste Schnitt noch nicht geerntet ist, sind wir bereits in Vorbereitung für die Arbeiten danach, nämlich das Separieren der Gülle. Seit drei Jahren machen wir dies zum zweiten und dritten Schnitt. Für unsere Strategie der Futterproduktion lohnt sich dieses Verfahren in vielerlei Hinsicht: Die dünne Gülle wird mit Schleppschuh ausgebracht und dringt rasch und nahezu ohne Verluste und Rückstände der Feststoffe in den Boden ein. Über diese Feststoff-Streifen, die nach dem Kreiseln und Schwaden schliesslich mit dem Häckselwagen wieder zuhause im Fahrsilo ankamen, hat Timo sich jeweils in der Vergangenheit geärgert.
Nicht nur aus Sicht der Futterverschmutzung macht das Separieren gerade ab diesem Jahr Sinn: Wir haben die im Düngerecht festgelegte «magische Grenze» von 10 000 kg abgelieferte Milch pro Kuh überschritten. Ab diesem Jahr fallen laut Dünge-Bilanz plötzlich zusätzliche 350 m3 Hofdünger an. Ein Biogasanlagen-Betreiber holt die Feststoffe zur weiteren Vergärung bei uns ab, wodurch sich unsere Nährstoffbilanz entlastet.
Haushohe Düngerpreise
Dazu kommt, dass der mineralische Dünger in diesem Jahr teuer gehandelt wird. Der hier übliche Kalkammonsalpeter kostet im Moment 30 Euro pro Dezitonne. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es 17 Euro pro Dezitonne. Durch das Separieren weist die flüssige Phase mehr mineralischen Stickstoff auf als die Rohgülle und ist somit rasch pflanzenverfügbar, womit wir uns den Mineraldünger sparen.
Das Separieren lassen wir durch das Lohnunternehmen Schnitger & Hübscher erledigen. Der Separations-LKW ist mit sechs einzelnen Separatoren ausgestattet, welche über einen eigenen Stromgenerator angetrieben werden. Pro Stunde schafft die ganze Maschinerie zirka 80 bis 100 m3 Rohgülle bei einem TS-Gehalt von ungefähr acht Prozent. Wichtig ist, dass die Rohgülle gut aufgerührt ist, damit sie gleichmässig beim Separator ankommt und die Leistung konstant bleibt. Die zirka 600 m3 Flüssiggülle pumpen wir in unseres Güllesilo mit 1700 m3 Fassungsvermögen. Eine Stunde Separieren kostet zirka 280 Euro brutto.
Timo möchte sich schon länger eine eigene, stationäre Separationsanlage anschaffen. Er hat sich auf Messen bereits verschiedene Modelle angeschaut und Angebote eingeholt.
Sparpotenzial: 10 000 Euro
Sein Traum könnte schon bald in Erfüllung gehen: Mit dem von der Regierung geschnürten Förderpaket, der «Bauernmilliarde», sollen Landwirte unterstützt werden, Höfe und Maschinen klima- und umweltfreundlicher aufzurüsten. Beantragte Investitionen können dabei zu 40 Prozent gefördert werden. Timo hatte sich mit seinem Separator für die zweite Förderperiode beworben. Inzwischen ist seine gewünschte Kleinanlage auf der Positiv-Liste. Ob sie schlussendlich gefördert wird, entscheidet das Los.
Neben der dünnen Gülle wäre die trocken-gepresste feste Phase interessant als Einstreu für die Tiefboxen der Milchkühe. Somit könnten wir nahezu auf Strohzukäufe verzichten und so zirka 10 000 Euro pro Jahr einsparen.
Zur Autorin
Sandra Honegger (26) hat an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) Agronomie studiert und ist an die deutsche Nordseeküste ausgewandert. Dort wohnt und arbeitet sie mit ihrem Freund Timo Hussmann auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Henrik und Rita Wefer. Zum Betrieb gehören 90 ha Grünland und 25 ha Ackerland. Der Tierbestand umfasst 130 Holstein-Milchkühe und eine ebenso zahlreiche weibliche Nachzucht.