Agrarmarketing, nachhaltiges Produzieren, regionale Produkte, neue Absatzwege, Direktvermarktung und Wertschöpfung waren die Schlagwörter während meiner Ausbildung als Landwirtin mit Fachrichtung Biolandbau an der Bio-Schule Schwand in Münsingen BE.

Solidarische Landwirtschaft war dagegen nur ein kleines Extramodul. In der konventionellen Ausbildung zur diplomierten Landwirtin hatte das Thema bis dahin noch keinen Platz in den Lehrbüchern.

Zu stark noch reagiert meiner Meinung nach die landwirtschaftliche Ausbildung auf die weltweite Landwirtschaftspolitik, die abhängig ist von der Massenproduktion, Grossunternehmen und Agrarriesen.

Umdenken und umwandeln ist für den Einzelnen schwer 

Oft ist das regionale Denken der Generationen zu stark, die noch tun, wie man schon immer tat. Ausbrechen, Umdenken und Umwandeln ist für Einzelgänger genauso wenig möglich, wie ein Einzelner die Welt verändern kann. Und doch gibt es ein Land, in dem so etwas noch im Kleinen möglich ist, in dem der Fortschritt, die Gier nach mehr, die Sucht nach Geld und schlussendlich der Zwang des Systems noch in den Kinderschuhen steckt.

«Hier in Paraguay gibt es noch Freiheiten, es existiert noch Eigenverantwortung.»

sagt Michèle Huber, über das Leben in Paraguay.

Es gibt kaum Zeitungen und noch viel weniger einen «Pöstler», der deine Rechnungen bringt. Man muss selbst zum jeweiligen Ort hingehen und seine Dinge bezahlen, ansonsten wird zum Beispiel der Strom einfach abgestellt.

All das und vieles mehr hat in den beiden Ländern, der Schweiz und Paraguay, seine Vor- und Nachteile. Und wir nutzen diese Vorteile der Freiheit. Wir haben uns getraut, neben unserem erfolgreichen Sonntagsbrunch, unsere kleine Käserei jeweils dienstags und freitags in einen ganz einfachen Hofladen umzuwandeln. In der Hoffnung, so eine bessere Verteilung unseres Einkommens zu generieren.

Dankbare Wertschöpfung durch Produkte und Menschen

Wir versuchen mit unseren Produkten wie Quark, Joghurt, Ricotta, Frischkäse, Ziegenmilch, Ziegenkäse, frischer Sahne, eigener Butter, Kräuterbutter, Marmelade, Buttermilch, Biomilch und Biokäse nicht nur ein kleines, sicheres Einkommen zu erzielen, sondern auch unseren Kunden eine Freude zu machen. Denn ohne sie wäre die Wertschöpfung, die wir dank der hofeigenen Bioprodukte erzielen, gar nicht möglich.[IMG 2]

Auch die Direktvermarktung auf dem Markt, ohne grosse Vorschriften, beruht auf Selbstverantwortung. Wir hatten absolut keine Erfahrungen, noch kannten wir den Ort oder den Markt, als wir drei Tage vor Marktstart gebeten wurden, noch daran teilzunehmen.

Nur dank jedem einzelnen Mitglied unserer Familie gelang es uns nach drei Tagen voller Emotionen und Chaos in Haus und Hof, irgendwie ein Auto zu laden. Und dies mit einem Haufen selbst gemachter Hofprodukte und mit Ess- und Trinkangeboten. Ohne eine Ahnung, ob das auch wirklich Anklang finden würde.

Ein unerwartetes Vergnügen auf dem Markt

Mit gemischten Gefühlen und eigentlich todmüde von den kurzfristigen Vorbereitungen fuhren meine grosse Tochter und ich in ein Nachbarstädtchen an den unbekannten Markt, während zu Hause die Männer den Hof und das Haus mit dem Kleinkind unterhielten.

Müde und glücklich kehrten wir nach Hause zurück. Wir waren praktisch ausverkauft. Käse, Brot, Brotaufstriche und Honig hätten wir durchaus mehr mitnehmen können. Unsere Freude war gross, nicht nur über das unerwartete Einkommen, sondern vielmehr über die grosse Zufriedenheit der Kunden mit den selbst hergestellten, natürlichen Produkten.

Diese enorme Wertschätzung, die vielen guten Gespräche und die offene und ehrlich geteilte Begeisterung lässt wohl jeden Bauern seine Müdigkeit im täglichen Produzieren vergessen. Und erfüllt das Herz mit Stolz und Freude.

Uns wurde klar, wie wertvoll doch all diese Kunden sind, denn ohne sie wäre unsere Produktion wertlos. Wir müssten, wie viele Bauern und Bäuerinnen dieser Erde, an irgendeinen Grossabnehmer liefern, was mit Abhängigkeit und Vorschriften verbunden wäre.

Treuen und neuen Kunden ein Dankeschön 

So haben unsere hofeigenen Bioprodukte Kunden erreicht, die mit Herz bei uns einkaufen. Und genau dies erfüllt uns mit grosser Dankbarkeit und Freude. Allen Kunden, treuen und neuen, ein ganz herzliches Dankeschön.

Zur Person
Michèle Huber ist gelernte Landwirtin mit Fachrichtung Bio und Permakultur. Ein von ihr initiiertes PRE mit dem Ziel einer neu ausgerichteten regional-solidarischen Landwirtschaft fand Anklang beim Inforama, FiBL und bei Bio Schwand und wurde sogar vom BLW und Lanat anerkannt und finanziell mitunterstützt. Leider funktionierte die Umsetzung nicht ganz, der Landkauf gelang nicht. Überzeugt von ihren Idealen, gab Michèle Huber nicht auf und startete das Projekt nun im fernen Paraguay.