Seit letztem April haben wir den Regen hier in Pemba nicht mehr gesehen. Hin und wieder ist er zwar über dem angrenzenden Meer aufgetaucht oder hat sich in vorbeiziehenden Gewitterwolken versteckt, aber bei uns hat er sich neun lange Monate nicht blicken lassen. Erst Mitte Januar sind die ersten Tropfen des blauen Goldes vom Himmel gefallen, rund einen Monat später als sonst. Wieder einmal sind die Veränderungen durch den Klimawandel in unserem bäuerlichen Alltag zu spüren.

Aussaat steht an

Seitdem es geregnet hat, sind alle Frauen und Männer damit beschäftigt, Mais, Bohnen und Erdnüsse auf den Feldern auszusäen und schon die ersten Unkräuter zu entfernen. Alles wird von Hand mit einem einfachen Spaten gemacht. Traktoren sind hier selten und zu teuer, als dass sie sich die Mehrheit der Landwirt(innen) leisten könnten. Der Grossteil der Bauern hier betreibt Landwirtschaft zur Selbstversorgung, für die ihnen nur rund ein Hektar pro Familie zur Verfügung steht.

Seit drei Monaten bin ich neben der Arbeit auf unserem Hof für eine Nichtregierungsorganisation (NRO) tätig. Die Organisation hilft unter anderem Familien, die aufgrund des Bürgerkrieges im Norden unserer Provinz flüchten mussten. Die Kämpfe dauern schon seit über vier Jahren an und destabilisieren die Region zunehmend. Deshalb haben wir Saatgut und Arbeitsgeräte an über 1000 Familien verteilt, so dass sie wenigstens ein kleines Stück Land für die kommenden Monate bewirtschaften können.

Ungerechtigkeit im Paradies

Die Gegensätze hier sind enorm und manchmal schwer auszuhalten. Auf der einen Seite wartet unsere Insel mit einem der schönsten Sandstrände der Welt, Palmen und türkisem Meer auf. Gleich dahinter befindet sich ein Fünf-Sterne-Hotel, das jedoch wegen des Zyklons im Jahr 2019 und den anhaltenden Unruhen leer steht. Auf der anderen Seite stehen dort am Strand aber auch zahlreiche Geflüchtete, die darauf warten, ein paar Kilo Saatgut und eine Hacke zu erhalten, um ihre sandigen Felder zu bewirtschaften. Es herrscht viel Ungerechtigkeit an diesem so paradiesischen Ort, doch zum Glück sind die Mosambikaner schwer unterzukriegen.

Ein weiteres Projekt, das wir mit der NRO unterstützen, ist die Kaffeeproduktion der besonderen Art Le Racemosa. Dieser Kaffee zeichnet sich durch seinen geringen Koffeingehalt aus. Ausserdem benötigen die Pflanzen nur wenig Wasser, um zu gedeihen.

Ein intensiver Duft

Kaffee spielt hier in Mosambik eine grosse Rolle. Vor nicht allzu langer Zeit konnte ich glücklicherweise ein erstaunliches Schauspiel auf der Insel miterleben: Die Kaffeeblüte. Sie beginnt vor dem ersten Regen, wenn die Natur noch trocken ist und nur noch wenige Bäume Blätter tragen. Innerhalb von ein bis zwei Tagen beginnen dann plötzlich alle Kaffeepflanzen der Insel zu blühen. Der Duft, den die Blüten verströmen, ist so intensiv, dass er Kopfschmerzen bereitet. Nach drei Tage ist dann schon wieder alles vorbei und die Blüten fallen von den Pflanzen und mit ihnen verschwindet der einzigartige Duft. Stattdessen beginnen die Blätter der Kaffeepflanzen zu spriessen und alles um uns herum wird wieder grüner.

Geduld zahlt sich aus

Auf unserem Betrieb haben wir seit September kein Wasser mehr in unserem künstlich angelegten See. Von daher mussten wir unsere Produktion stoppen. Der Wassermangel ist immer noch unsere grösste Herausforderung und wir suchen stets nach einer Lösung, um das ganze Jahr mit Wasser versorgt zu sein. Deshalb empfangen wir den ersten Regen nun mit grosser Freude. Seitdem haben wir auch wieder mit der Gemüse- und Kräuterproduktion begonnen. Ausserdem konnten wir Wasser aus dem Fluss in unseren hofeigenen See pumpen. Um eine grössere Kapazität zu erreichen, haben wir einen kleinen Damm im Fluss gebaut, der das Wasser länger zurückhält.

Wie auch schon im letzten Jahr bereiteten uns der Damm und unsere Wasserpumpe wieder einige Probleme, aber mit ein wenig Geduld und viel Unterstützung werden wir sie auch diesmal lösen.

Zur Person

Während meines Bachelor-Praktikums in Mosambik habe ich mich in das Land und in meinen zukünftigen Ehemann verliebt. Anschliessend haben wir beide einen Master ander HAFL in Zollikofen BE gemacht. Ende 2017 sind wir mit unseren zwei Töchtern nach Mosambik ausgewandert. Nach vielen Zwischenfällen konnten wir ein zehn Hektaren grosses Grundstück in Stadtnähe kaufen. Auf unserem Land bauen wir Gemüse, Mais und Sesam an. Inzwischen hat sich unsere Familie vergrössert. Eine Nichte und ein Neffe arbeitenund leben mit uns auf dem Hof.