Im Frühling und im Herbst ist auch bei uns auf dem Betrieb Entsorgen und Recycling angesagt. Diesen Tag nennen wir scherzhaft «Folienausflug». Denn das meiste an Abfall, was bei unserem Betrieb anfällt, sind Folien aus der Futterkonservierung vom Fahrsilo sowie von den paar Wickelballen.
Bei der Raiffeisenwarengenossenschaft im Ort werden die Folien gesammelt und danach nach Holland zum Recycling transportiert. Dabei kommen zwei bis drei Kipper voll loser Plastikfolie zusammen, da wir das komplette Grundfutter siliert verfüttern. Das mag sich nach einer grossen Menge anhören, hält sich aber vermutlich im Vergleich zum Energiebedarf einer Heutrocknung für die Menge an Futter noch im Rahmen.
Auf die Farbe kommt es an
Wenn wir Besuch aus der Schweiz haben, ist das Thema Entsorgen immer wieder präsent. Denn wie so vieles ist auch das beim nahen Nachbarn in Deutschland ein wenig anders in der Heimat. Auf das Trennen und Recyceln sind die Deutschen mindestens – vielleicht sogar noch ein wenig mehr – so stolz wie die Schweizer.
In Deutschland wird beim Entsorgen gerne mit Farben gearbeitet. So werden hier keine Papierbündeli gemacht und Karton separat gesammelt, alles wird in der «Blauen Tonne» entsorgt und monatlich abgeholt. Wer keinen Misthaufen hat wie wir, entsorgt seinen Kompost – oder «Biomüll», wie es hier korrekt heisst – in der «Braunen Tonne». In den «Gelben Sack» kommt Verpackungsmaterial wie Plastik, Styropor, aber auch Alufolie und Blechdeckel (von Schraubgläsern). Blau, Braun und Gelb sind Stoffe, die recycelt werden können. Da der Inhalt des «Gelben Sackes» sehr heterogen ist, sind aufwendige Sortiermechanismen und komplexe Abläufe notwendig, um die Inhalte nach Material, Farbe und so weiter zu trennen.
Nicht zu unterschätzen sind die Mengen, die bei der Sammlung anfallen: Rund 13 Säcke à 90 Liter füllt der Durchschnitts-Deutsche schätzungsweise jährlich.
Beim «Gelben Sack» halten sich hartnäckig die Gerüchte, dass nur ein kleiner Teil wirklich recycelt wird bzw. werden kann. Der Rest soll entweder verbrannt oder ins Ausland zum «Sortieren» verkauft werden. Ob das wahr ist oder nicht, weiss ich nicht. Trotzdem muss ich dabei an die Bilder von gigantischen Plastikmüllbergen in Drittweltländern denken und ein ungutes Gefühl schleicht sich ein. Glas und Kleider werden übrigens wie in der Schweiz im Altglascontainer bzw. in der Textilsammlung entsorgt. Was nicht recycelt werden kann, kommt in den Kehricht oder eben Restmüll bzw. in die «Schwarze Tonne».
Pfand für Flaschen
In der Schweiz heisst es bei der Entsorgung von PET-Flaschen bekanntlich «Luft raus – Deckel rauf». Sieht der Deutsche das, weicht ihm sämtliche Farbe aus dem Gesicht.
In Deutschland muss die Flasche nämlich unversehrt und mit vollständiger Etikette im Pfandautomaten abgegeben werden. Das gilt sowohl für PET- wie auch teilweise für Glasflaschen, zum Beispiel mit Bügelverschluss. Nur so bekommt man das Flaschenpfand in Form eines Pfandbons ausbezahlt.
Auch Getränkedosen werden übrigens über den Pfandautomaten recycelt. Für den einen oder anderen bedeutet das Flaschenpfand eine kleine Geldanlage oder für Sammler eine Art Zuverdienst. Nicht wundern also, wenn an öffentlichen Plätzen wie etwa dem Bahnhof die Abfalleimer nach Pfandflaschen durchsucht werden.
Sodeli, nach diesem Artikel sind Sie, liebe Leserschaft, nun gut vorbereitet für den nächsten Aufenthalt in Deutschland, nicht wahr?
Kurzer Test am Beispiel der Entsorgung eines Teebeutels. Der Ostfriese Otto Walkes erklärte mit Augenzwinkern: «Kommt der Teebeutel in den Restmüll oder in den Bioabfall? Weder noch, er muss getrennt werden: Der Tee kommt in den Biomüll, das Fähnchen ins Altpapier, die Klammer zum Metallschrott und der Faden zur Altkleidersammlung.»
Zur Person
Sandra Hussmann (28) hat an der Hochschule für Agrar, Forst und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) Agronomie studiert und ist an die deutsche Nordseeküste ausgewandert. Dort wohnt und arbeitet sie mit ihrem Mann auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Henrik und Rita Wefer. Zum Betrieb gehören 90 ha Grünland und 25 ha Ackerland.[IMG 2]
Der Tierbestand umfasst 130 Holstein-Milchkühe und eine ebenso zahl reiche weibliche Nachzucht. Ausserdem arbeitet sie als Beraterin teil zeitlich bei landwirtschaftlichen Innovationsprojekten mit.